Website-Sperren: Provider Freenet AG rudert zurück

Freenet will nun mit rechtlichen Schritten gegen die Betreiber von Seiten vorgehen, die den Provider teilweise massiv kritisieren. Einen Teilerfolg konnte Freenet anscheinend schon verbuchen.

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Von
  • Torsten Kleinz

Nachdem die Sperrungen der Freenet.de AG gegen zwei Webseiten von Kritikern bekannt geworden waren, rudert der Provider nunmehr zurück. Am heutigen Dienstag waren die zwei Freenet-kritischen Seiten auch wieder über die Einwahlzugänge von Freenet abzurufen. Der Provider spricht von dem eigenmächtigen Schritt eines Mitarbeiters. Freenet will nun mit rechtlichen Schritten gegen die Betreiber der Seiten vorgehen. Einen Teilerfolg konnte der Provider schon verbuchen: Die Seite www.freenetbeschiss.de.vu wurde am Dienstag gegen frühen Nachmittag offenbar vom Serverbetreiber gelöscht -- verfügbar ist sie allerdings momentan noch unter v4.livegate.net/freenetbesch/home.htm.

In einer offiziellen Stellungnahme begründet der Provider die Aufhebung der Blockade über den Zwangsproxy: "Nach Rücksprache mit der Geschäftsleitung wurde diese Sperrung am Abend des 01. 3. 2004 wieder aufgehoben, denn Freenet bekennt sich zum offenen Internet". Zum eigentlichen Sperrvorgang gibt der Provider wenig bekannt. "Nach Kenntnisnahme der beiden betreffenden Seiten hat ein Freenet.de Mitarbeiter pflichtbewusst versucht, die Betreiber der Sites ausfindig zu machen. Dies ist beispielsweise im Fall von freenetbeschiss.de.vu nicht möglich gewesen, da es sich hier um ein anonymes Angebot handelt. Um weiteren Schaden für die Unternehmung Freenet abzuwenden, hat der Mitarbeiter die Sperrung dieser Seiten für Freenet.de-Kunden veranlasst." Die Sperre habe einige Tage bestanden, genaueres war von Freenet noch nicht zu erfahren.

Damit widerspricht der Provider auch den Gerüchten, die Webseitenbetreiber selbst könnten die Sperre durch Freenet nur vorgetäuscht haben. Dies war am Wochenende teilweise unter Berufung auf einen Freenet-Mitarbeiter verbreitet worden.

Ganz gründlich kann die Suche des Providers nach Ansprechpartnern allerdings nicht verlaufen sein. Die zweite gesperrte Webseite mit dem Titel "Anormaler Freedepp" weist ein Impressum mit Name und Telefonnummer des Betreibers auf. Auf Nachfrage von heise online gab der Sozialpädagoge an, weder vor noch nach der Webseitensperre von Freenet wegen angeblich illegaler Inhalte auf seiner Webseite kontaktiert worden zu sein. Der letzte Kontakt habe im November stattgefunden, als der Provider ihm die Rückzahlung zu Unrecht erhobener Mahngebühren zugesagt habe. Die Zahlung sei am 18. Februar erfolgt. Im übrigen wolle er den Provider auch nicht schädigen. Ihm sei es um den Erfahrungsaustausch unter Freenet-Kunden gegangen, nachdem von ihm im Sommer 2003 von Freenet ungerechtfertigt Kosten in Rechnung gestellt worden waren.

Unrechtsbewusstsein wegen der Blockaden zeigt Freenet nicht: In der Stellungnahme wird ausdrücklich davon gesprochen, dass der Mitarbeiter "pflichtbewusst" gehandelt habe, als er die Umleitungen veranlasst habe. Die Seiten enthielten "Markenrechtsverletzungen sowie grob geschäftsschädigende, unhaltbare Vorwürfe und Verleumdungen" oder würden auf solche Seiten verweisen. Von einem generellen Abrechnungsproblem will Pressesprecherin Elke Rüther nichts wissen, es handele sich vielmehr um Einzelfälle.

Das Ziel der Sperrungen wurde auf alle Fälle verfehlt. Hatte die Webseite von Dirk Hertfelder von November bis Februar lediglich 50 bis 100 Besucher täglich, kamen über das Wochenende 20.000 Seitenaufrufe hinzu. In Foren berichten viele unzufriedene Kunden der Freenet.de AG von falschen Abrechnungen und weiteren Problemen. (Torsten Kleinz) / (jk)