Virtuelle Erde für die US-Armee

Damit die US-Soldaten künftig besser auf Operationen in fremdem Gebiet vorbereitet sind, hat das Simulation, Training and Instrumentation Command (Stricom) die Spieleschmiede There beauftragt, die Erde digital nachzubauen.

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Von
  • Werner Pluta

Computerspiele für militärische Zwecke sind nichts Neues. Doch jetzt bekommen die Simulationsspiele eine neue Dimension: Damit die US-Soldaten künftig besser auf Operationen in fremdem Gebiet vorbereitet sind, hat das Simulation, Training and Instrumentation Command (Stricom) die Spieleschmiede There beauftragt, die Erde digital nachzubauen -- in Orignalgröße.

Die virtuelle Welt soll der echten so gut wie möglich nachempfunden sein, um an jedem beliebigen Ort der Erde Einsätze in unbekanntem Terrain zu üben. Bei den virtuellen Manövern sollen beliebig viele Menschen und militärisches Gerät eingesetzt werden. Anders als bei einschlägigen virtuellen Spielewelten stehen in der Spielewelt für die US-Armee jedoch nicht die Kampfeinsätze im Vordergrund, erläutert Robert Gehorsam, Vice President für Strategic Initiatives bei There, in einem Interview mit dem Online-Spielemagazin Homelan Fed. Es gehe vielmehr darum, Aufklärungsaufgaben, Planung oder die Zusammenarbeit mit der Zivilbevölkerung, befreundeten Armeen und Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz zu simulieren. Dazu modifiziert There ihr eigenes Multiplayer-Online-Spiel "There" -- ein ziviles Spiel, das dem virtuellen Puppenhaus "Die Sims" sehr ähnelt -- nach den Wünschen der Armee und baut beispielsweise ein Physiksystem für realistische Waffensimulationen ein. Später, so Gehorsam, sei es durchaus denkbar, dass die Simulation mit Daten aus der realen Welt in Echtzeit gefüttert wird. Wenn ein US-Jeep mit einem GPS-Modul durch Bagdad fährt, dann auch sein virtuelles Pendant im Online-Trainingsprogram. Die gespielten Einsätze können Stunden oder gar Monate dauern.

Damit Fahrzeuge und Menschen sich möglichst realistisch verhalten, beraten Forscher vom Army Research Institute die Entwickler von There. Denn das im kalifornischen Menlo Park ansässige Unternehmen There hat noch keine Erfahrungen mit Kriegsspielen. Gehorsam will zwar nicht ausschließen, dass aus dem Projekt für das Militär ein kommerzielles Spiel werden könnte. Hauptschwerpunkt bei dem jetzigen Projekt sei allerdings der Ausbildungs- und nicht der Unterhaltungsfaktor. Einen Protoytp der Trainingswelt will There bis September fertig gestellt haben. Derzeit existiere lediglich "das Zentrum einer großen Hauptstadt im Mittleren Osten", in der das US Militär präsent sei.

Den Auftrag für die US-Armee hat There nach Angaben von Vice President Gehorsam über eine Ausschreibung bekommen. Die US-Armee greife sehr gerne auf zivile Unterhaltungsfirmen und Spiele-Hersteller zurück, da sie hierdurch nicht nur Kosten sparen würden, sondern auch die Technik immer up to date sei. Doch dies sei keine neue Entwicklung, wie sie derzeit in Spielen wie Americas Army oder Full Spectrum Warrior zu sehen ist. Die engen Verbindungen des Militärs zu den Spiele-Entwicklern reichten bis in die frühen 80er-Jahre zurück, als der ehemalige Kampfpilot Gilman Louie mit seinem Freund Sid Meier die Firma Microprose gründete, die nicht nur durch Strategietitel wie Civilization, sondern auch zahlreiche Militär- und Flugsimulationen bekannt wurde. Gilman Louie ist heute Chef von In-Q-Tel, einem von der CIA gegründeten Unternehmen, das die Zusammenarbeit der CIA mit Firmen aus der freien Wirtschaft koordiniert. (Werner Pluta) / (wst)