Die "Bonner Erklärung" zum Internet

In der „Bonner Erklärung" zum Abschluß der zweitägigen Konferenz „Global Information Networks" in Bonn erklärten Minister aus 29 europäischen Staaten am Dienstag, daß das Wachstum der Netze nicht durch staatliche Vorgaben behindert werden solle.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

In der „Bonner Erklärung" zum Abschluß der zweitägigen Konferenz „Global Information Networks" in Bonn erklärten Minister aus 29 europäischen Staaten am Dienstag, daß das Wachstum der Netze nicht durch staatliche Vorgaben behindert werden solle. Mit der Konferenz wurde ein deutliches Signal gegeben, daß Europa „beim Aufbruch in das globale Informationszeitalter ganz vorne in der Weltliga mitspielen" will, sagte Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP).

Zwar soll keine Freihandelszone nach den Vorstellungen von Bill Clintons „Framework for Global Internet Commerce" (siehe http://www.heise.de/tp/te/1239/fhome.htm) eingerichtet werden, doch dürfe der Warenaustauch über das Internet auch nicht gegenüber anderen Einkaufsmöglichkeiten benachteiligt werden, sagte Rexrodt weiter. Keine neuen Steuern und Abgaben sollen das Internet belasten. „Einen weltweiten Duty-free-Shop" werde es nicht geben. Waren, die über das Internet bestellt und außerhalb des Internet geliefert werden, unterfallen weiterhin Zöllen und anderen Abgaben. Hier gelte der Grundsatz: „Was offline gilt, gilt auch online". Jedoch werde der Vorschlag der USA der Zollfreiheit für Internetprodukte diskutiert. Für Information, Konstruktionszeichnungen und andere informationelle Ausarbeitungen, deren ausschließliche Leistung im Internet erfolge, sollen über die World Trade Organization (WTO) Regelungen „ohne diskriminierende Wirkungen" gefunden werden. Der Handel in den Computernetzen soll auch künftig nicht größeren Einschränkungen als der herkömmliche Handel unterliegen.

In der weltweit umstrittenen Kryptographiefrage konnten sich die Minster der europäischen Länder nur auf die kürzlich vereinbarten OECD-Leitlinien zur Kryptographiepolitik verständigen. Sie sollen als Grundlage für nationale und internationale Regelungen dienen. Dabei wird den Ländern unter der Vorgabe der Verhältnismäßigkeit ein gesetzmäßiger Zugang zu Nachschlüsseln eingeräumt. Die OECD-Kompromißformel kann in der Praxis jedoch sehr unterschiedlich ausgelegt werden, befürchten Kritiker.

Die Minister begrüßten auch Maßnahmen, die die Beteiligung aller Bürger an den globalen Netzen ermöglichen. So soll die Informationstechnik für Bürger beiderlei Geschlechts, aller Altersgruppen und Gesellschaftsschichten zugänglich werden. Bibliotheken spielen hierbei eine besondere Rolle. Öffentliche Dienstleistungen im Bildungswesen, in der Gesundheitsvorsorge und im Umweltschutz sollen aufgebaut werden, die Entstehung einer „elektronischen Demokratie" gefördert werden. Vor allem Informationen des öffentlichen Sektors sollen Bürgern und Wirstschaft zu erschwinglichen Preisen zugänglich gemacht werden.

Grundsätzlich galt das Prinzip für alle angesprochenen Bereiche, daß Regeln und Rechte im Offline-Bereich auch im Online-Bereich gewährt werden sollten. Damit distanzierten sich die Europäer von Clintons Vision des Internets als „Wilden Westen", der nun auf die ganze Welt übergreifen soll. Für die USA waren die Konferenzergebnisse daher nicht in allen Punkten zufriedenstellend.

Ein ausfĂĽhrlicherer Bericht in Telepolis (http://www.heise.de/tp/te/1244/fhome.htm)

Kommentar (http://www.heise.de/tp/te/1245/fhome.htm)

Von Telepolis-Korrespondentin Christiane Schulzki-Haddouti (fr)