Signal-Messenger: Privatsphäre kostet viel Geld

Signal legt seine Betriebskosten zum Schutz der Privatsphäre offen – und kritisiert die gewinnorientierten Überwachungsgeschäftsmodelle der Konkurrenz.

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Signal

(Bild: Daniel Constante/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Knobloch

Die Signal Foundation, die den Signal-Messenger betreibt, hat zum ersten Mal eine vollständige Aufschlüsselung der Betriebskosten von Signal veröffentlicht. Die belaufen sich in diesem Jahr auf rund 40 Millionen US-Dollar; bis 2025 sollen sie auf 50 Millionen US-Dollar steigen.

Die Entscheidung, die detaillierten Kostenzahlen zum ersten Mal in einem Blog-Post zu veröffentlichen – und damit weit über die für gemeinnützige Organisationen gesetzlich vorgeschriebenen Offenlegungspflichten hinauszugehen – sei mehr als nur ein offener Appell für Spenden zum Jahresende, erklärte Meredith Whittaker, die Präsidentin von Signal, gegenüber der US-amerikanischen Computerzeitschrift Wired. Indem sie die Kosten für den Betrieb eines modernen Kommunikationsdienstes offenlegt, möchte sie die Aufmerksamkeit darauf lenken, wie die Wettbewerber diese Kosten bezahlen: entweder indem sie direkt von der Monetarisierung der Nutzerdaten profitieren oder, so argumentiert Whittaker, indem sie die Nutzerinnen und Nutzer an Netzwerke binden, die sehr oft mit dem gleichen Geschäftsmodell gewinnorientierter Überwachung arbeiten.

Der Messengerdienst Signal ist ein Non-Profit-Projekt, das konkurriert mit gutfinanzierten Messengerdiensten wie Telegram, WhatsApp, Facebook Messenger, Gmail oder iMessage. "Wir sind der Meinung, dass die Ehrlichkeit, mit der wir über diese Kosten sprechen, dazu beiträgt, einen Blick auf den Motor der Tech-Industrie, das Geschäftsmodell der Überwachung, zu werfen, der für die Menschen nicht immer offensichtlich ist", so Whittaker gegenüber Wired. Der Betrieb eines Dienstes wie Signal – oder WhatsApp oder Gmail oder Telegram – sei "überraschend teuer". Whittaker glaubt, dass "die Unternehmen, die diese Kosten über die Überwachung bezahlen", nicht wollen, dass die Nutzerinnen und Nutzer das wissen.

Die Infrastrukturkosten von Signal, einschließlich der Kosten für Server, Bandbreite und Speicherplatz, belaufen sich auf 14 Millionen US-Dollar pro Jahr. Allein für Sprach- und Videoanrufe werden jährlich etwa 20 Petabyte Bandbreite, d. h. 20 Millionen Gigabyte, verbraucht. Das kostet Signal 1,7 Millionen US-Dollar pro Jahr. Sechs Millionen US-Dollar pro Jahr wiederum gehen an Telekommunikationsunternehmen, Zahlungen für die SMS-Nachrichten, die Signal verwendet, um Registrierungscodes zu versenden, mit denen die Telefonnummern neuer Signal-Konten überprüft werden. Diese Kosten sind laut Signal gestiegen, da die Telekommunikationsunternehmen mehr Geld für diese Textnachrichten verlangen, um die zurückgehende Nutzung von SMS weltweit auszugleichen.

Weitere 19 Millionen US-Dollar pro Jahr gibt Signal für Personal aus. Der Messengerdienst beschäftigt heute etwa 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – eine kleine Zahl, verglichen mit Diensten mit einer ähnlich großen Nutzerbasis, die oft Tausende von Angestellten haben, aber weit mehr als noch vor einigen Jahren. Im Jahr 2016 hatte Signal demnach nur drei Vollzeitmitarbeiter, die in einem einzigen Raum in einem Co-Working-Space in San Francisco arbeiteten.

Whittaker weist gegenüber Wired darauf hin, dass viele der Signal-Funktionen mehr kosten als bei anderen Messengerdiensten, da zusätzliche Kosten für die Aktivierung der Funktionen zur Wahrung der Privatsphäre anfallen. Signal verschlüsselt zum Beispiel nicht nur den Inhalt von Anrufen und Texten, sondern auch die Kontakte der Nutzer und sogar die Namen und Fotos ihrer Benutzerprofile. Das erfordert oft eine zeitaufwändigere und teurere Technik, als wenn man ohne Verschlüsselung arbeiten würde.

Der Signal-Messenger, der ursprünglich mit Mitteln aus dem Open Technology Fund des US-Außenministeriums gegründet wurde, ist zum Überleben auf Spenden angewiesen. Laut Whittaker tragen mehrere Großspender zur Deckung der Kosten der Stiftung bei. So hat Twitter-Mitbegründer Jack Dorsey beispielsweise eine Million US-Dollar pro Jahr zugesagt; andere, die Whittaker nicht nennen möchte, hätten ähnlich hohe Beiträge versprochen.

Signal hofft jedoch, sich zunehmend über Kleinstspenden von nur drei US-Dollar finanzieren zu können, die über die App selbst getätigt werden können. Laut Signal machen die kleinen Spenden inzwischen ein Viertel der Betriebskosten aus. Die Tendenz ist zwar steigend, aber damit Signal weiterhin existieren und wachsen kann, ohne von einigen wenigen wohlhabenden Einzelpersonen abhängig zu sein, müssen die Kleinspenden deutlich zunehmen, so Whittaker.

(akn)