Justizministerin: Keine schnelle Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wandte sich gegen Forderungen aus der Union, die Speicherung der Telekommunikations- und Internet-Verbindungsdaten aller deutschen Bürger zu Zwecken der Strafverfolgung schnell neu zu regeln. Das Bundesverfassungsgericht hatte das bestehende Gesetz verworfen.

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Von
  • Jürgen Kuri

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung, deren gesetzliche Regelung in Deutschland vom Bundesverfassungsgericht verworfen wurde, bis zur parlamentarischen Sommerpause ausgeschlossen. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte sie: "Es ist vollkommen utopisch, bis zur Sommerpause eine Neuregelung zu erwarten. So funktioniert seriöse Gesetzgebung nicht." Sie wandte sich damit gegen Forderungen aus der Union. Auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte erklärt, er halte es für möglich und nötig, bis zur Sommerpause einen Gesetzentwurf vorzulegen.

Leutheusser-Schnarrenberger betonte dagegen: "Wir arbeiten momentan sehr sorgfältig und intensiv an einer grundlegenden Bewertung des Urteils. Es geht um weit mehr, als einige Sätze aus dem Karlsruher Urteil in ein Gesetz zu schreiben. Zu klären sind schwierige Fragen wie die der Datensicherheit und -speicherung sowie der Grenzen für den staatlichen Zugriff. Das ist eine sehr umfangreiche Aufgabe, für die ich mir keinen Zeitplan diktieren lasse." Die Justizministerin wies zudem erneut darauf hin, dass auch die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, deren Umsetzung in deutsches Recht durch das vom Verfassungsgericht aufgehobene Gesetz erfolgen sollte, derzeit überprüft werde. Die Bestandsaufnahme auf EU-Ebene solle bis zum Herbst vorliegen. Es bringe nichts, jetzt übereilt irgendetwas in ein neues Gesetz zu schreiben, das später auch europarechtlich keinen Bestand habe, sagte sie.

Nach dem vom Verfassungsgericht aufgehobenen Gesetz wurden seit 2008 Verbindungsdaten aller deutschen Bürger aus der Telefon-, Mail- und Internetnutzung sowie Handy-Standortdaten sechs Monate lang gespeichert. Abrufbar waren sie für Zwecke der Strafverfolgung sowie der Gefahrenabwehr. Im umfangreichsten Massenklageverfahren in der Geschichte des Gerichts hatten fast 35.000 Bürger Beschwerde gegen das Gesetz eingelegt.

Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte daraufhin am 2. März die Regelungen im Telekommunikationsgesetz (TKG) und in der Strafprozessordnung (StPO) als unvereinbar mit dem Fernmeldegeheimnis des Artikels 10 des Grundgesetzes erklärt. Die von den Richtern festgestellte Verfassungswidrigkeit dieser Regelungen wiegt so schwer, dass sie auch nicht im eingeschränkten Umfang übergangsweise weiter angewendet werden dürfen, sondern vollständig nichtig sind. Damit dürfen Provider seit dem Urteil nicht mehr auf Vorrat speichern; bereits vorhandene Daten mussten gelöscht werden.

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(jk)