SCO vs. Linux: Die Jury ist aufgeklärt

In der zweiten Verhandlungswoche im Prozess zwischen der SCO Group und Novell um das Coypright an Unix hat der Prozess weitere überraschende Details der unendlichen Geschichte freigelegt.

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Von
  • Detlef Borchers

In der zweiten Verhandlungswoche im Prozess zwischen der SCO Group und Novell um das Coypright an Unix vor einem Geschworenengericht in Salt Lake City hat der Prozess weitere überraschende Details der unendlichen Geschichte freigelegt. Zunächst bestätigte der als Zeuge geladene ehemalige SCO-Geschäftsführer Darl McBride, dass SCO die strittigen Copyrights an Unix nicht für die Weiterentwicklung seiner Betriebssystem-Familie benötigte, sondern einzig für das Lizenzgeschäft des Firmenteils SCOScource. Dann wurden die bis dato ahnunglosen Geschworenen darüber aufgeklärt, dass bereits ein Richter in dem Verfahren Recht gesprochen hatte, sein Urteil aber revidiert wurde. Das Verfahren geht in die dritte Verhandlungswoche, während der in Salt Lake City gleichzeitig Novells Hausmesse Brainshare stattfindet.

Das aktuelle Verfahren vor einem Geschworenengericht war notwendig geworden, nachdem im Jahre 2009 ein Berufungsgericht die erstinstanzliche Entscheidung des Einzelrichters Dale Kimball aus dem Jahre 2007 revidiert hatte. Das Gericht befand, dass die Frage neu verhandelt werden müsse, ob beim Verkauf der Unix-Distributionsrechte durch Novell auch das Copyright an Unix auf SCO übergegangen ist. Diese Frage sei dermaßen heikel, dass sie vor einer unvoreingenommenen Jury und nicht mit einem einzelnen Richter verhandelt werden müsse. Entsprechend wurden in der ersten Verhandlungswoche der Berufungsverhandlung die Geschworenen vereidigt, die ohne Vorkenntnisse der langen Prozessgeschichte über die Copyright-Frage befinden müssen.

Bedingt durch die Befragung einer Finanexpertin entschied der vorsitzende Richter am 9. Verhandlungstag, die Geschworenen darüber aufzuklären, dass SCO in einer früheren Verhandlung verurteilt wurde, ein Berufungsgericht das Urteil aber revidiert hatte. Zuvor hatte eine Zeugenbefragung am 8. Verhandlungstag ergeben, dass die Frage der Copyrights eng an die Ausgabe der Antidot-Lizenzen geknüpft ist, die SCO an Firmen verkaufen wollte, die Linux einsetzen. Der ehemalige SCO-Geschäftsführer Darl McBride musste vor Gericht zugeben, dass das Eigentum an den Copyrights als Voraussetzung dafür gesehen wurde, Antidot-Lizenzen zu verkaufen. Dieses Geschäft brach nach Darstellung von McBride zusammen, als Novell erklärte, seine Kunden vor Klagen durch SCO in Schutz zu nehmen.

Zu den weiteren Überraschungen der zweiten Prozesswoche gehörte die Aussage des von SCO bestallten Experten Gary Pisano, der zugeben musste, eine von ihm benutzte Markt-Studie der Yankee Group ohne Blick auf die Methodologie dieser Studie als Basis für eine Schadensberechnung genommen zu haben. Ferner wurde ein internes Memorandum von Hewlett-Packard zu der Frage präsentiert, ob man im Interesse der Kunden eine Antidot-Lizenz erwerben sollte. Die Autoren des HP-Memorandums waren der Meinung, dass der Kauf einer Lizenz ähnlich zu bewerten sei wie die Unterstützung von Terroristen durch Geldzahlungen.

Zu den Entwicklungen in dem Streit, den SCO mit IBM, Novell und der Open-Source-Gemeinde um SCO-Rechte an Unix und angeblich unrechtmäßig in Linux übernommenen Code angezettelt hat, siehe den Online-Artikel in c't-Hintergrund (mit chronologischer Linkliste zu Beiträgen auf heise online, aus Technology Review und der c't):

(jk)