Hyperverse: Krypto-Manager ist nur ein ahnungsloser englischer Auswanderer

Steven Reece Lewis ist eine lediglich für den Kryptobetrug erfundene Figur. Der bezahlte Schauspieler entpuppt sich als Arbeit suchender Engländer in Thailand.

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Steven Reece Lewis im Video

Steven Reece Lewis im Hyperverse-Werbevideo, dargestellt von Stephen Harrison

(Bild: Screenshot/Hyperians)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Frank Schräer
Inhaltsverzeichnis

Das Mysterium dauerte nur etwa eine Woche. Jetzt wurde Steven Reece Lewis, der als Hyperverse-Chef einem Krypto-Schneeballsystem vorstand, gefunden. Es handelt sich wie erwartet um eine lediglich erfundene Figur mit gefälschtem, beeindruckenden Lebenslauf, der in den Werbevideos von Stephen Harrison dargestellt wurde. Der nach Thailand ausgewanderte Engländer wurde für seine Auftritte bezahlt und wusste nach seinen Angaben nichts von dem Hyperverse-Kryptobetrug.

Hyperfund vertrieb ab Mitte 2020 kostenpflichtige Mitgliedschaften und Abonnements, für deren Bezahlung Opfer Einheiten einer eigenen Kryptowährung erhielten. Der Vertrieb lief über Multi-Level-Marketing. Die Rede war vom dezentralen Finanzplatz der Zukunft mit Kryptowährungen und Renditen von bis zu 300 Prozent in 600 Tagen. Ein dauerhaft tragfähiges Geschäftsmodell war nicht ersichtlich. Ab 2021 warnten Finanzaufsichtsbehörden in mehreren Ländern vor Hyperfund wegen Verdachts eines Pyramidenspiels. Daraufhin erfolgte ein Rebranding zu Hyperverse, samt neuem CEO Steven Reece Lewis.

Auf die Kryptowährungsversprechen kam obendrauf Gerede von einem "eigenen Metaverse" mit NFTs (non fungible tokens), natürlich in vollem Einklang mit allen rechtlichen Vorschriften. Prominente wie Apple-Mitgründer Steve Wozniak und Schauspieler Chuck Norris heuerten für Werbevideos an. Details sollten 2022 folgen, doch in dem Jahr brach das Gebilde zusammen. Seither gibt es keine Auszahlungen mehr, die Hyperverse-Kryptowährung HVT ist wertlos. Laut Krypto-Analysefirma Chainalysis war Hyperverse mit fast 1,3 Milliarden US-Dollar Schadenssumme der mit Abstand größte Kryptobetrug des Jahres 2022.

Zweifel an der Existenz von Steven Reece Lewis kamen bereits im Herbst 2022 auf, jetzt wurde die in den Werbevideos gezeigte Person gefunden. Im Gespräch mit dem britischen Guardian erklärt Stephen Harrison, dass er für seine verschiedenen Auftritte über neun Monate von Herbst 2021 bis Mitte 2022 insgesamt 180.000 Thai-Baht (umgerechnet knapp 4700 Euro) und einen kostenlosen Anzug bekommen hat. Er habe keinen Anteil an den Hyperverse-Betrügereien und es täte ihm leid für alle, die dabei Geld verloren haben.

Harrison zeigte sich schockiert über den gefälschten Lebenslauf und das Ausmaß des Kryptobetrugs. 2021 habe er in Thailand als unbezahlter TV-Kommentator von Fußballspielen gearbeitet, als ihm der Hyperverse-Job vom Freund eines Freundes angeboten wurde. Es sollte ihm Erfahrung bei der Arbeit als Moderator im geschäftlichen Umfeld verschaffen. Nach Einsicht in das Drehbuch war er nach eigenen Angaben zunächst misstrauisch gegenüber dem Unternehmen, weil er mit der Kryptobranche nicht vertraut war, aber man habe ihm versichert, dass alles seriös sei.

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Bei der Aufnahme des zweiten Videos wurde Harrison aufgetragen, einen anderen Namen zu verwenden. Als Schauspieler würde er das Unternehmen präsentieren, das sei normal in der Branche, wurde ihm erklärt. In den Videos spricht er von den Chancen für Hyperverse-Investoren, bittet jedoch nicht direkt um Finanzmittel und macht auch keine Versprechungen möglicher Renditen.

Harrison hat nach seinen Angaben auch keine Kontrolle über das Twitter-Konto von Steven Reece Lewis. Nachdem sein Vertrag zweimal verlängert wurde, habe er die Abschaltung dieses Accounts gefordert. Zuletzt war das Twitter-Konto am selben Tag aktiv, als Harrison zuletzt bezahlt wurde.

Nach dem Bericht über den erfundenen Hyperverse-Chef letzte Woche hat ein US-amerikanischer YouTuber die Identität Harrisons verraten. Deswegen sei der Engländer an die Öffentlichkeit getreten, um die Angelegenheit aus seiner Sicht darstellen zu können.

(fds)