Fans emulieren Segas extrem seltenen "KI-Computer" aus den 80er-Jahren

Segas Prolog-basierter Bildungscomputer war seiner Zeit in mehrfacher Hinsicht voraus: Neben "KI" verfügte er über Touchscreen und Sprachsynthesizer.

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Werbung für Sega AI Computer mit japanischen Jugendmodels

Werbesujet cirka 1986

(Bild: SMS Power)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Kyle Orland
  • Ars Technica

Nicht einmal eingefleischte Sega-Fans dürften mit dem "Sega AI Computer" allzu vertraut sein. Schließlich finden sich selbst auf Retro-Portalen nur wenige Zeilen über die seltsame Hardware für den Bildungsbereich aus dem Jahr 1986. Mehr Licht ins Dunkel brachte kürzlich SMS Power, eine Webseite von "Sega-8-Bit-Konservierungs- und Fanatikern". Der dort veröffentlichte ausführliche Artikel über den Sega AI Computer enthält zahlreiche Informationen über diese historische Kuriosität, einschließlich ROMs für Dutzende bisher unveröffentlichte Anwendungen, von denen einige jetzt sogar in der Emulationssoftware MAME laufen.

Die rechteckige Touch-Oberfläche des Sega AI Computers ist fast so groß wie die Tastatur.

(Bild: SMS Power)

Der Sega AI Computer ist mit einem 16-Bit-Chip von NEC ausgestattet, der mit "rasanten 5 MHz läuft, und über einen riesigen Arbeitsspeicher von 128 KByte verfügt". Die Nachforschungen von SMS Power legen nahe, dass das Gerät von 1986 bis 1989 hauptsächlich an japanische Schulen verkauft wurde, was seine weitgehende Unbekanntheit auch Jahrzehnte später erklären könnte. Werbeanzeigen aus dieser Zeit deuten darauf hin, dass eine US-Version geplant war, aber nie vertrieben wurde. Der Computer verfügte über insgesamt 512 KByte ROM, darin enthalten 2 × 64 KByte für das System und den Prolog-Interpreter, 128 KByte zur Darstellung des japanischen und US-Zeichensatzes und 2 × 128 KByte zur Sprachausgabe

Trotz der ausschließlichen Verbreitung in Japan enthält das Gehäuse des Sega AI Computers eine englischsprachige Beschreibung, in der die Unterstützung der auf KI ausgerichteten, logischen Programmiersprache Prolog hervorgehoben und versprochen wird, dass das Gerät "Sie in die Welt der Künstlichen Intelligenz bringt". In der Tat beschreibt ein Artikel aus dem Jahr 1986 im Electronics Magazine (archiviert von SMS Power) etwa, das wie ein Vorläufer heutiger generativer KI klingt:

"Im Prompt-Modus wird das Kind nach seinen Tagesaktivitäten gefragt und antwortet mit Ein- oder Zwei-Wort-Antworten. Das Computerprogramm schreibt dann auf der Grundlage dieser Antworten einen grammatikalisch korrekten Tagebucheintrag. Bei fortgeschrittenen CAI-Anwendungen ist der Computer flexibler als frühere Systeme. Er ist in der Lage, die Eingaben eines Benutzers in natürlicher Sprache zu analysieren und das Kompetenzniveau der Person einzuschätzen. Er kann dann zu Material mit angemessenem Schwierigkeitsgrad übergehen, anstatt einfach eine Stufe nach der anderen zu durchlaufen."

Doch nicht nur die KI-Fähigkeiten machten den Sega AI Computer besonders. Er verfügt über eine große, rechteckige Touch-Oberfläche mit Overlays, 8-Richtungs-Pad und drei Tasten, mit der man neue Bedienoberflächen programmieren konnte. Ferner beherbergt das System einen Sprachsynthesizer, der die grundlegenden japanischen Phoneme nachbilden konnte, sowie einen Soundchip von Texas Instruments – der ursprünglich für den TI 99/4A entwickelte SN76489. Ein Mikrofonanschluss, RS-232-Schnittstelle und Kassettenrekorder mit 9.600 Baud runden die Ausstattung ab.

Während der Sega AI Computer in bestimmten Kreisen bereits seit einiger Zeit bekannt ist, waren detaillierte Informationen über seine Funktionsweise und Software schwierig zu bekommen, insbesondere in der englischsprachigen Welt. Das änderte sich 2014, als ein seltenes Yahoo-Auktionsangebot einen verpackten KI-Computer samt Software anbot. SMS Power konnte den Zuschlag für diese Auktion per Crowdfunding finanzieren und erhielt später eine Tastatur und weitere Software vom Gewinner einer Auktion im Jahr 2022.

SMS Power verweist darauf, dass die meisten der Programme zuvor überhaupt nicht im Internet auffindbar waren. Die Community der Website hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, diese ROMs zu archivieren und einen neuen MAME-Treiber zu entwickeln, der bereits eine partielle Emulation des Systems ermöglicht. Diese unterstützt allerdings weder Tastatur noch Kassettenlaufwerk oder Sprachemulation.

Die ausgelesene Software ist laut SMS Power "lehrreich und richtet sich hauptsächlich an Kinder", allerdings mit japanischem Text überladen, sodass es vielen Ausländern schwerfallen dürfte, damit zu arbeiten. Es ist jedoch bemerkenswert, wie viel Mühe sich die Community gegeben hat, diese Lücke im Wissen um die Sega-Geschichte zu füllen. Der Bericht von SMS Power über die Ergebnisse ist einen Blick wert, ebenso wie die umfangreiche Dokumentation nebst Screenshots, Fotos, zeitgenössischen Artikeln und Anzeigen.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Ars Technica. (vza)