Einheitlicher Jugendmedienschutz für Europa

Künftig soll dafür, welche Auflagen ein "Veranstalter" zu erfüllen hat, nicht mehr der Verbreitungskanal (Internet, Satellit, Kabel, Terrestrik) entscheidend sein, sondern die Natur der Inhalte beziehungsweise die Art und Weise der Nutzung.

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Von
  • Monika Ermert

Die Europäische Kommission bereitet eine Neufassung der Bestimmungen zum Jugendmedienschutzes vor. Im Rahmen des Novellierungsprozesses der "Fernsehrichtlinie" steht dieses Thema neben einer Regelung für die Werbebestimmungen ganz oben auf der Tagesordnung. Ein Entwurf für die Neuregelung des Jugendmedienschutzes zirkuliere derzeit innerhalb der Kommission, sagte Alexander Scheuer, Geschäftsführer des Europäischen Institut für Medienrecht (EMR) gegenüber heise online. Das EMR hatte vergangene Woche bei einer Konferenz in Brüssel die Frage der konvergenten Medienregulierung diskutiert.

Bei Jugendschutz und Werbung hat sich die Kommission für rasche Anpassungen an neue technische Entwicklungen entschieden. Die Neufassung der Fernsehrichtlinie insgesamt und damit die Frage, welche audiovisuellen Inhalte künftig davon erfasst sind, soll dagegen in die Hände der nächsten Kommission gelegt werden, erklärte Johannes Laitenberger, Kabinettschef der für Kultur und Medien zuständigen Kommissarin Viviane Reding, bei der Veranstaltung. Wissenschaftler und Parlamentarier drängen demgegenüber auf eine raschere Gangart, um einem Flickwerk nationaler Regelungen zuvor zu kommen.

Einzelne Länder wie Großbritannien (mit dem Communications Act) und Frankreich haben schon jetzt nationalstaatliche Gesetze zur gemeinsamen Regulierung klassischer Broadcast- und neuer, interaktiver Medien vorgelegt. "In Frankreich wird mit dem Gesetz über die Digitale Wirtschaft die Regulierung sehr stark in Richtung Rundfunkregulierung verschoben", erklärte Scheuer. Künftig soll dafür, welche Auflagen ein "Veranstalter" zu erfüllen hat, nicht mehr der Verbreitungskanal (Internet, Satellit, Kabel, Terrestrik) entscheidend sein, sondern die Natur der Inhalte beziehungsweise die Art und Weise der Nutzung. Anbieter von Internetportalen mit entsprechenden für ein großes Publikum aufbereiteten Inhalten wie Streaming oder Internetrundfunk werden damit klassischen Fernsehveranstaltern gleichgestellt.

Auch in Fragen der Medienkonzentration und Interoperabilität neuer Technologien müsse die öffentliche Hand ebenfalls stärker eingreifen, fordern eine Reihe von Abgeordneten des EU-Parlaments. Zu möglichen Standardisierungsauflagen der mit dem digitalen Privatfernsehen aufgekommenen proprietären APIs in Settop-Boxen hält die Kommission aktuell eine Konsultation ab.

Wie schwierig das Geschäft mit der so genannten konvergenten Regulierung, also der einheitlichen Regulierung aller unterschiedlichen Medien, aber gerade im von der Kommission anvisierten Jugendmedienschutz ist, zeigt die Arbeit der im vergangenen Jahr eingerichteten deutschen Kommission für Jugendmedienschutz (KJM). Deren Vorsitzender Wolf-Dieter Ring nannte in Brüssel etwa den schon in den Mitgliedsländern nicht einheitlichen Pornographiebegriff als problematisch. Was für die KJM im Fall des auch in Deutschland empfangbaren Senders TV6 Pornographie ist, stuft der österreichische Regulierer als "intensiven sexuellen Inhalt" ein.

Wenn man schon im vergleichsweise überschaubaren Fernsehbereich solche Grundsatzfragen nicht klären kann, wird es im Internet, für das die Konvergenzregulierer nun ebenfalls zuständig sind, noch schwerer, fürchten die Experten. Die Effekte des deutschen Jugendmedienschutzstaatsvertrages werden von Brüssel aus sehr genau beobachtet, erklärte Laitenberger. Ob der deutsche Koregulierungsansatz Pate steht oder ein noch stärker auf Selbstregulierung zielender Ansatz wie in den Niederlanden zum Tragen kommt, ist vorerst das Geheimnis der Kommission. (Monika Ermert) / (jk)