Ausschluss des Widerrufsrechts ist sittenwidrig

Händler, die das Widerrufsrecht für telefonisch bestellte Software pauschal ausschließen, verstoßen damit gegen die guten Sitten im Wettbewerb.

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  • Dr. Noogie C. Kaufmann

Bei Kaufverträgen, die mittels "Fernkommunikationsmittel" geschlossen werden, steht dem privaten Verbraucher ein zweiwöchiges Widerrufs- oder Rückgaberecht zu. Nach einer jetzt veröffentlichten Entscheidung des Landgerichts (LG) Memmingen (Az. 1 H O 2319/03) gilt dieses Recht auch bei telefonischer Bestellung von standardisierter Software und kann vom Händler nicht ausgeschlossen werden. Gegen Verkäufer, die das dennoch versuchen, können nicht nur betroffene Kunden, sondern auch Mitbewerber gerichtlich vorgehen.

Auslöser des Streits war die telefonische Order eines kaufmännischen Angestellten, der nebenberuflich mit Hard- und Software im Internet handelt. Das beim Großhändler bestellte Programm "Maxx PDFMAILER Standard" traf fünf Tage später beim Besteller ein. Die beigefügte Rechnung enthielt den überraschenden Zusatz: "Dieser Artikel wird speziell für Sie bestellt und kann nicht storniert oder zurückgegeben werden." Diesen generellen Ausschluss wollte der Angestellte nicht hinnehmen, obwohl das Widerrufsrecht für ihn als Händler gar nicht galt. Er verlangte vom Händler die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, dass dieser die Klausel in der Zukunft nicht mehr verwendet.

Da keine Reaktion folgte, landete die Angelegenheit vor dem Landgericht im bayerischen Memmingen, wo der kaufmännische Angestellte Recht bekam. Die Richter verwiesen darauf, dass das in Paragraf 312 d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verankerte zweiwöchige Widerrufsrrecht nicht nur für Online-Geschäfte, sondern auch bei telefonischen Bestellungen gelte. Schließt ein Unternehmer dies unrechtmäßig aus, so könnten unmittelbare Konkurrenten ihm dies gerichtlich verbieten lassen, da ein Verstoß gegen die guten Sitten im Wettbewerb vorliege. So verließ der Angestellte, der nebenberuflich selbst mit Software handelt, den Gerichtssaal als Gewinner.

Das Rückgaberecht hat deutsche Gerichte bereits häufiger beschäftigt. Im Mittelpunkt stand dabei vorwiegend die Frage, ab wann für Online-Händler keine Rücknahmepflicht besteht. Das Gesetz bestimmt unter anderem, dass Käufer von Software durch das Öffnen der Versiegelung ihr Recht auf Rücksendung verwirken. Nach einer Entscheidung des LG Frankfurt am Main (Az. 2/1 S 20/02) entspricht bei einem Notebook, das mit einer passwortgeschützten BIOS-Software ausgestattet ist, die Eingabe des Passwortes nicht einer Entsiegelung. Nimmt der Käufer keine weiteren Handlungen vor, bleibt ihm sein Rückgaberecht erhalten. Auch der Ausschluss für bestimmte Hardware-Komponenten, die nach Meinung des Händlers schnell beschädigt werden können, ist null und nichtig. So hat beispielsweise das Oberlandesgericht in Dresden eine Klausel für unwirksam erklärt (Az. 8 U 1535/01), mit der ein Web-Händler die Rückgabe von RAM-Bausteinen, Motherboards und Speichermodulen ausschließen wollte.

Das Rückgaberecht entfällt ferner für Ware, die individuell nach Wünschen des Kunden angefertigt wurde. Für den PC-Versandhandel hat der Bundesgerichtshof (BGH) Anfang 2003 eine richtungsweisende Entscheidung gefällt: Der Käufer hatte ein Notebook bestellt, das nach seinen Vorgaben konfiguriert und mit einer ISDN-Karte sowie einem zusätzlichen Akku ausgestattet wurde. Das rechtzeitig ausgeübte Rückgaberecht wollte der Händler nicht anerkennen -- zu Unrecht, wie der BGH urteilte. Nach Vorgabe des höchsten deutschen Zivilgerichts bleibt das Widerrufsrecht bei einem Baukasten-PC bestehen, wenn die einzelnen Komponenten mit geringem Aufwand wieder von einander getrennt werden können. (Noogie C. Kaufmann) / (ad)