US-Geheimdienstler folgen Wikileaks-Mitarbeitern

Laut Wikileaks-Gründer Julian Assange werden Mitarbeiter der Whistleblower-Site von amerikanischen Geheimdienstlern auf Island beschattet. Dort beraten sie momentan die isländische Regierung bei der Arbeit an einem Datenfreiheitsgesetz.

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Von
  • Detlef Borchers

Laut einem offenen Brief, den Wikileaks-Gründers Julian Assange an ABCnews geschickt hat, werden Mitarbeiter der Whistleblower-Plattform Wikileaks von amerikanischen Geheimdienstlern auf Island beschattet. Dort beraten sie momentan die isländische Regierung bei der Arbeit an einem Datenfreiheitsgesetz.

Wikileaks will grundsätzlich denen zur Seite stehen, die unethisches Verhalten in ihren eigenen Regierungen und Unternehmen enthüllen wollen. Dafür wurde ein technisches System geschaffen, das eine nicht zurückverfolgbare Veröffentlichung von Dokumenten erlaubt. Das ist einigen ein Dorn im Auge: So machte sich etwa der US-Militärgeheimdienst ACIC Sorgen über die Whistleblower-Plattform und erörterte mögliche Gegenmaßnahme.

Das alleine scheint den Geheimdiensten aber nicht zu reichen. Auch Assange selbst wurde nach seinem Flug zu einer Journalismus-Konferenz in Norwegen die Passagierliste des Fluges zugespielt, auf der zwei Mitarbeiter des "US State Department" aufgeführt waren.

Zuvor war ein jugendlicher isländischer Wikileaks-Freiwilliger von der örtlichen Polizei verhört worden und musste die Nacht in Untersuchungshaft verbringen, obwohl er von seinem Vater begleitet wurde. Der Jugendliche sollte den ehemaligen Journalisten Assange identifizieren, der beim Verlassen eines Fischrestaurants fotografiert worden war. Assange, ein australischer Staatsbürger, flog anschließend nach Norwegen.

Warum er beschattet wird, darüber kann Assange selbst nur spekulieren. In seinem offenen Brief nennt Assange ein Gutachten des US-Militärgeheimdienstes, das von Wikileaks veröffentlicht wurde. Die Echtheit dieses Gutachtens wurde zwischenzeitlich vom Armeesprecher Gary Tallman gegenüber der Nachrichtenagentur AFP bestätigt.

Ein weiterer Grund könnte die geplante Veröffentlichung eines Videos durch Wikileaks sein, in dem ein Massaker durch US-Soldaten im Irak dokumentiert sein sollen. Das Video wurde Wikileaks zugespielt und wird derzeit auf seine Echtheit überprüft. Es soll am 5. April veröffentlicht werden, wenn die Aufnahme verifiziert werden kann.

Schließlich könnte ein vertraulicher Bericht des US-Botschafters in Island ein Grund für die Beschattung darstellen. Auch dieser Bericht war von Wikileaks veröffentlicht worden. In ihm geht es um Absprachen zwischen US-amerikanischen, isländischen und britischen Behörden über den öffentlichen Umgang mit Finanzdetails, die zum Zusammenbruch des Bankenssystems auf Island führten.

Ob neben der Beschattung von Mitarbeitern der Wikileaks-Initiative weitere Maßnahmen gegen die Initiative geplant sind, ist unklar. Auf der Webseite des Gerüchteportals Gawker gibt es Meldungen, nach denen US-Behörden den Zugang zu Wikileaks für ihre internen Mitarbeiter gesperrt haben.

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(jk)