E-Commerce: Europäische Handelsverbände sehen verzerrten Wettbewerb
EU-Vorschriften würden auf nichteuropäische Unternehmen nicht konsequent angewendet, bemängeln europäische Online-Händler.
Handelsverbände aus Deutschland und 15 weiteren europäischen Ländern sehen sich gegenüber Unternehmen aus nichteuropäischen Ländern benachteiligt. Geschäftspraktiken neuer Marktteilnehmer "werfen viele Fragen hinsichtlich der Einhaltung der EU-Rechtsvorschriften auf, insbesondere in den Bereichen Verbraucherschutz, Produktsicherheit, Produktfälschung, Datenschutz, Schutz der Privatsphäre, Umwelt und Steuern", heißt es in einem Offenen Brief des Dachverbands E-Commerce Europe (PDF). Dadurch könne es zu unlauterem Wettbewerb kommen und es könnten gefährliche Produkte auf den europäischen Markt kommen.
Welche nichteuropäische Unternehmen die Handelsverbände wie der deutsche E-Commerce-Verband (bevh) konkret meinen, geht aus der Mitteilung nicht hervor. In jüngster Zeit erregte der chinesische Online-Marktplatz Temu Aufsehen und die Aufmerksamkeit von europäischen Verbraucherschützern. Temu und den Konkurrenten Shein hatte hingegen im Februar dieses Jahres der Handelsverband Deutschland (HDE) konkret beim Namen genannt und gefordert, dass ihnen gegenüber Regeln und Gesetzen durchgesetzt werden.
"Nicht auf Augenhöhe"
Unternehmen, die bereits in der EU ansässig seien, unterliegen vielen Vorschriften; die Kosten, um sie einzuhalten, seien hoch, da sie komplex seien und oft nicht auf EU-Ebene vollständig harmonisiert seien, schreiben nun die europäischen Handelsunternehmen in ihrem Brief. Daher könnten Unternehmen, die in der EU ansässig sind, mit den neuen Akteuren von außerhalb der EU nicht auf Augenhöhe konkurrieren.
"Das Problem liegt in der unzureichenden Durchsetzung dieser EU-Regeln gegenüber Akteuren, die außerhalb der EU ansässig sind", erläutert Rainer Will vom österreichischen Handelsverband. Die nationalen Behörden seien oft unterfinanziert, unterbesetzt und unkoordiniert. Dadurch hätten Akteure mit Sitz außerhalb der EU, die sich nicht an die Regeln halten, einen Wettbewerbsvorteil.
Da die neuen Akteure von außerhalb der EU schnell wachsen würden, müsse auch schnell gehandelt werden. Die Entscheidungsträger in der EU sollten alle notwendigen Mittel bereitstellen, um die Aktivitäten von Akteuren mit Sitz außerhalb der EU ebenso gründlich zu prüfen wie die von Unternehmen, die bereits in der EU ansässig sind. Solche Akteure sollten ebenso nach Verstößen sanktioniert werden wie innereuropäische. Zudem sollten die Verantwortlichen in den EU-Mitgliedsstaaten enger zusammenarbeiten, fordern die Online-Händler.
(anw)