Inkasso für rechtswidrige Ortsvorwahl-Dialer trotz Verbots aktiv [Update]

Die Masche der Ortsvorwahl-Dialer ist nun schon einige Monate alt, dennoch stöhnen offizielle Beschwerdestellen zurzeit über die Masse an eintrudelnden Beschwerden.

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Von
  • Holger Bleich

Die Masche ist nun schon einige Monate alt, dennoch stöhnen offizielle Beschwerdestellen zurzeit über die Masse an eintrudelnden Beschwerden. Stets wählt sich ein Dialer vom Benutzer unbemerkt kurz in eine Ortsvorwahlnummer oder eine 01805-Nummer ein. Über die anrufende Rufnummer ermittelt der dubiose Dialer-Anbieter den Anschlussinhaber und stellt ihm per Post eine Rechnung, mal über 49 Euro, in anderen Fällen über 69 Euro. Angeblich soll der Verbraucher mit dem Dialer-Anruf ein Monats-Abonnement für ein Erotik-Angebot abgeschlossen haben.

Im Januar hatte ein Unternehmen namens Hanseatische Abrechungssysteme (HAS) über 100.000 derartiger Rechnungen verschickt. Mit drohend formulierten Mahnungen versuchte man, die Verbraucher zur Überweisung des Betrags zu bewegen. Anfang März verbot die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) dieses Vorgehen. Dialer, die sich nicht über die vorgeschriebene 09009-Rufnummerngasse einwählen, seien rechtswidrig. Daher dürfe die HAS darüber erbrachte angebliche Leistungen nicht in Rechnung stellen. Wieviele Rechnungen bis zu diesem Zeitpunkt bereits von verunsicherten Verbrauchern beglichen wurden, ist nicht bekannt.

Am heutigen Mittwoch scheiterte die HAS mit einer Abwehrmaßnahme gegen das RegTP-Verbot. Das Verwaltungsgericht Köln lehnte einen Antrag der Firma auf einstweiligen Rechtsschutz ab. Das Interesse der Antragstellerin, vorläufig weiterhin Rechnungen erstellen zu können, wiege weniger schwer als das öffentliche Interesse an einem effektiven Verbraucherschutz, erklärten die Richter. Es bestehe kein schutzwürdiges Interesse der Firma, Rechnungen über zivilrechtlich nicht bestehende und nicht durchsetzbare Forderungen zu erstellen.

Die HAS erwies sich in Folge der RegTP-Maßnahme ohnehin regelrecht als Hydra. Sie übertrug flugs alle Forderungen an bis dato unbekannte Hamburger Forderungs-Management; das Spiel konnte weiter gehen. Inzwischen agieren noch weitere Firmen wie die Persolvo Inkasso oder die Digital Web Media Limited als Abzocker mit identischem "Business-Modell". Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) teilte heise online mit, dass sich in Österreich ähnlich lautende Beschwerden über eine Tele Hansa GmbH aus Hamburg häufen würden.

Die RegTP leitet derzeit weitere Maßnahmen gegen die Abzocker ein. In einer Mitteilung vom heutigen Mittwoch weist sie Verbraucher darauf hin, dass nach Ansicht der Behörde "kein Anspruch des Rechnungsstellers auf Zahlung und keine Verpflichtung des Rechnungsempfängers, derartige Forderungen zu begleichen", bestehen. Der RegTP sei bislang noch kein Fall bekannt geworden, in dem die Versender derartiger Rechnungen oder Mahnungen versucht hätten, die geltend gemachten Beträge gerichtlich einzutreiben.

Empfänger können diesen Angaben zufolge also die Anschreiben getrost ignorieren und sollten sich nicht verunsichern lassen. In irgendeiner Form reagieren muss ein Verbraucher erst, falls ein gerichtlicher Mahnbescheid eintreffen sollte. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat vor einiger Zeit ein anpassbares Musterschreiben zur Abwehr der Forderung online bereitgestellt. (hob)