In Magdeburg kämpfen Roboter um Meisterehren

Die RoboCup German Open finden 2010 zum ersten Mal in Magdeburg statt. Auch die Junioren, die sich bisher in separaten Turnieren qualifizieren mussten, sind mit dabei.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Auf dem Magdeburger Messegelände haben am Donnerstag die neunten RoboCup German Open begonnen. Die offenen deutschen Robotermeisterschaften in Fußball und anderen Disziplinen finden erstmals in Magdeburg statt, neu ist der RoboCup für die Elbe-Stadt aber nicht. In den letzten Jahren fanden hier regelmäßig Qualifikationsturniere im Rahmen des RoboCup Junior statt, dem Nachwuchswettbewerb für Kinder und Jugendliche bis zum Alter von 19 Jahren.

Die Juniorqualifikationen, die bislang mehrere Wochen vor den RoboCup German Open an drei verschiedenen Orten durchgeführt wurden, sind diesmal mit den Wettbewerben der Erwachsenen zu einem Turnier zusammengelegt worden. Der Hauptgrund dafür sind die derzeit knapper fließenden Finanzmittel. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass sich diese erzwungene Änderung letztlich als Segen erweist. Immerhin haben auf diese Weise auch die frühzeitig ausscheidenden Juniorteams die Gelegenheit, das gesamte Turnier zu erleben, bei den Spielen der Senior-Ligen zuzusehen und mit Wissenschaftlern in Kontakt zu kommen.

RoboCup German Open 2010 - Erster Tag (4 Bilder)

Publikumswirksam

Die Spiele der Nao-Roboter können mit besonderem Interesse der Zuschauer rechnen. (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Auf jeden Fall war in beiden Hallen schon am ersten Tag ein hohes Energielevel zu spüren. Die Komprimierung der Veranstaltung auf vier Tage erfordert einen strafferen Spielplan, sodass praktisch von Anfang an Turnieratmosphäre herrschte. Das ist nicht selbstverständlich. Es gab auch schon RoboCup-Meisterschaften, deren Spannung sich nur langsam aufbaute oder die unter Lücken im Spielplan litten, hervorgerufen durch zu geringe Beteiligung.

Darüber können sich die Organisatoren diesmal definitiv nicht beklagen: Deutlich über 1000 Teilnehmer sind nach Magdeburg gekommen, so viel wie nie zuvor bei den RoboCup German Open. "Wir haben zum ersten Mal die Tausendermarke überschritten", sagt Ansgar Bredenfeld vom Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS), Sprecher des deutschen Nationalkomitees RoboCup und Chefkoordinator der German Open.

Den größten Anteil stellen die Junioren, die in Halle 2 in den Disziplinen Soccer, Rescue und Dance um Titel kämpfen. In Halle 1 sind die Senioren untergebracht. Ihre Roboter müssen sich auf dem Fußballfeld, in Katastrophenszenarien und im Haushalt bewähren. In einer neuen Liga geht es um die Bewältigung logistischer Herausforderungen in einer abstrakt dargestellten Produktionsumgebung. Aufgrund der kurzen Vorbereitungszeit hat sich für die German Open jedoch nur ein Team angemeldet, "robOTTO" von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, sodass zunächst nur Demonstrationen zu sehen sein werden. Bei der RoboCup-Weltmeisterschaft, die vom 19. bis 25. Juni in Singapur ausgetragen wird, werden es aber mindestens acht Teams sein, versichert Ulrich Karras, Produktmanager des Liga-Sponsors Festo.

Am stärksten besetzt ist die Standard Platform League, in der der zweibeinige Roboter Nao verwendet wird. Dieser Wettbewerb ist insbesondere für Informatiker interessant, weil alle Teams die gleiche Hardware verwenden und es ausschließlich um die Programmierung geht. Der Roboter der französischen Firma Aldebaran Robotics hat inzwischen seine Kinderkrankheiten überwunden, auch dank der Erfahrungen, die beim RoboCup gesammelt werden konnten. Zwölf Teams, darunter einige Neulinge, lassen interessante Spiele erwarten.

Auch der Wettbewerb RoboCup@home für Haushaltsroboter dürfte wieder viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Hier wurde die Latte der Anforderungen erneut etwas höher gelegt. Die Roboter müssen zum Beispiel komplexe Kommandos verstehen und korrekt ausführen. Während es in früheren Wettbewerben schon gut war, wenn sie auf die Aufforderung "Fahre zum Sofa" wirklich das Sofa ansteuerten, müssen sie diesmal auch Sätze verstehen wie: "Fahre in die Küche, greife eine Dose Bier und bringe sie mir ins Wohnzimmer." Auch fehlerhafte oder widersprüchliche Kommandos dürfen keinen Systemabsturz verursachen. Wenn der Nutzer eine Tasse gebracht haben möchte, auf dem Tisch aber nur eine Flasche steht, muss der Roboter angemessen darauf reagieren können.

Erstmals verlassen die Haushaltsroboter auch die Arena, in der eine Wohnumgebung nachgestellt ist. In der Messehalle mussten sie heute einem Menschen folgen, ohne sich von der fremden und störungsreichen Umgebung ablenken zu lassen. Eine wichtige Vorbereitung auf die Weltmeisterschaft. "In Singapur wollen wir in einen richtigen Supermarkt gehen", sagt Wettbewerbsleiter Paul Plöger von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg.

In der RoboCup Rescue League geht es diesmal unter anderem darum, die Leistung der Roboter bei der Kartenerstellung besser messbar zu machen. Während die Roboter durch die simulierte Katastrophenumgebung fahren, müssen sie einen Plan des erkundeten Geländes anfertigen, dessen Qualität bislang durch eine Jury beurteilt wurde. Diesmal sollen ein verschiedenen Stellen Röhren über die Wände gestülpt werden, die die Gänge begrenzen. Eine Hälfte ragt dann in den einen Gang, die andere in den benachbarten. "Je dichter die beiden Hälften dann auf der Karte beieinander liegen, desto besser", sagt Johannes Pellenz von der Universität Koblenz, der den Wettbewerb gemeinsam mit Adam Jacoff leitet.

Das erklärte Ziel der RoboCup-Initiative ist es, bis zum Jahr 2050 mit humanoiden Robotern gegen den amtierenden Fußballweltmeister zu gewinnen. Seit der ersten RoboCup-WM im Jahr 1997 ist etwa ein Viertel der Zeit vergangen. Ob dabei auch ein Viertel des Weges zum ehrgeizigen Ziel zurückgelegt wurde? Die nächsten Tage werden vielleicht eine Antwort auf die Frage bringen.

Siehe dazu auch:

(vbr)