Aus dem Handgelenk

Konferenzen, Besprechungen und Präsentationen finden heutzutage mit Unterstützung unterschiedlichster Präsentationstechniken statt. Will man aber Inhalte gemeinsam erarbeiten, sind interaktive Medien gefragt. Dafür kombiniert Papershow das klassische Flipchart mit einem elektronischen Präsentationssystem.

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Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Dieter Michel
Inhaltsverzeichnis

Bei Konferenzen und Besprechungen nimmt die PowerPoint-Präsentation mit PC und Beamer einen gewissen Stellenwert ein – speziell, wenn jemand vorbereitete Inhalte im Rahmen eines Vortrages präsentiert. Will man aber Inhalte und Ergebnisse gemeinsam in einer Gruppe erarbeiten, sind eher die interaktiven Präsentationsmedien gefragt – in Besprechungsräumen heutzutage meist ein Whiteboard oder ein Flipchart. Eine Kombination aus dem Papiermedium Flipchart und einem elektronischen Präsentationssystem versucht Oxford mit seinem Papershow-System.

Gegenüber Tafeln haben Flipcharts den Vorteil, dass man die angefertigten oder erarbeiteten Ergebnisse buchstäblich schwarz auf weiß in Form der abgerissenen Blätter mit nach Hause nehmen kann. Durch ihr Format sind sie allerdings als Notizblätter recht unhandlich und nicht für den Versand per E-Mail geeignet. Als Konsequenz müsste man also die Flipchart-Grafik abfotografieren oder einscannen, was nicht mehr so ganz in einen vorwiegend papierlosen, elektronischen Arbeitsablauf passt.

Deshalb haben Hersteller für interaktive Präsentationen auf rein elektronischer Basis unterschiedliche Lösungsansätze entwickelt. Der nahe liegendste besteht darin, die Bewegungen spezieller Schreibstifte auf der Zeichenfläche über eine Sensor-Elektronik zu erfassen und in eine Grafik umzusetzen. Diese Grafik macht man zugleich über ein geeignetes Präsentationsmedium, etwa ein Projektionssystem, einer größeren Personenzahl zugänglich. Damit die Personen, die mit dem Medium arbeiten, eine direkte Rückmeldung über ihr Tun bekommen, arbeitet man entweder mit einem klassischen Whiteboard und Faserschreibern, die zusätzlich zur elektronischen Erfassung auch direkt schreiben.

Oder man nutzt die modernere und inzwischen auch bezahlbare Variante und „schreibt“ direkt auf die Projektionsfläche, etwa ein elektronisches Whiteboard oder einen Großbildschirm, wobei die Stifte komplett elektronisch arbeiten – also keine Farbe mehr auf das Schreibmedium abgeben – und die Grafiken direkt auf dem Präsentationsmedium erscheinen. Bei Aufprojektionen nutzt man dafür oft Kurzdistanzprojektoren, damit die Person, die mit dem System arbeitet, nicht im Projektionslichtstrahl steht und Schatten auf die Projektionsfläche wirft.

Ein weiterer Aspekt bei der Auswahl eines elektronischen Präsentationsmediums, das ein Flipchart ersetzen soll, ist das sogenannte Look & Feel beziehungsweise die Handhabbarkeit. Sie ist nicht zu unterschätzen, denn gerade beim kreativen Kanalisieren von Gedankenflüssen sollte das Medium möglichst in den Hintergrund treten, damit die Gedankengänge nicht von umständlichen Handhabungen und technischen Problemen abgelenkt werden. Die sprichwörtliche Serviette oder der Bierdeckel, auf denen dem Vernehmen nach die besten Ideen zustande kommen, sind ein gutes Beispiel dafür. Denn alles in allem ist das Schreiben auf Papier doch etwas anderes als auf einem Grafiktablett mit integriertem Bildschirm oder einem elektronischen Whiteboard – speziell für Personen, die den Umgang mit elektronischen Medien weniger gewohnt sind.

Der Anbieter Oxford – tatsächlich eher für Papier- und Büroprodukte bekannt – stellt nun mit Papershow ein neuartiges Konzept für die Umsetzung des Bierdeckel- respektive Flipchart-Konzepts mit einer Art elektronischen Erweiterung vor. Papershow schreibt mit einem (fast) normalen, kugelschreiberähnlichen Schreibgerät auf Papier. Dadurch bleibt das gewohnte Look-and-Feel des Mediums Papier weitgehend erhalten. Zum Einsatz kommt aber kein großformatiges Blatt wie beim Flipchart, sondern ein (fast) normaler Notizblock. Das hat den Vorteil, dass derjenige, der seine Gedanken zu Papier bringt, sich nicht gleich in einer Vortrags- oder Präsentationssituation fühlen muss, sondern – wie beim kreativitätsfördernden Bierdeckel – seine Skizzen und Texte am Tisch verfasst.

Für die elektronische Umsetzung hat der Hersteller allerdings nicht die bei elektronischen Whiteboards oft anzutreffenden Dreieckspeilung beispielsweise über Ultraschallsender und Empfänger gewählt. Dies würde schon wegen der geringen Größe der zu erfassenden Fläche wohl nicht zuverlässig und hochauflösend genug funktionieren.

Stattdessen erfasst Papershow die Stiftpositionen optisch und mit sehr hoher Auflösung, ähnlich wie bei einer optischen Maus. In dem Zeichenstift ist eine winzige USB-Kamera integriert, die auf die Schreibspitze schaut. Zusätzlich weist der mitgelieferte Schreibblock eine feine Textur in Form eines mit bloßem Auge kaum wahrnehmbaren, scheinbar unregelmäßigen feinen Punktmusters auf, das die Kamera 75-mal pro Sekunde erfasst.

Unter der Lupe betrachtet ist das Punktmuster nicht ganz so regelmäßig, wie es zunächst den Anschein hat. Stattdessen sind die Punkte mit offenbar wohldefinierten Abweichungen von einem Basisraster aufgedruckt worden. Dadurch kann Papershow nicht nur – wie es die optische Maus tut – relative Bewegungen erkennen, sondern auch ohne wahrnehmbare Verzögerung eine absolute Lokalisierung des Stiftes auf der Papieroberfläche vornehmen, denn in dem feinen Punktraster sind offenbar absolute Koordinaten codiert.

Auf diese Weise kann es die Position der Schreibspitze submillimetergenau erfassen und elektronisch umsetzen, wie es für die akkurate Wiedergabe des im Vergleich zu einem Whiteboard relativ kleinen Schriftbildes auch erforderlich ist. Man kann also ganz normal wie mit einem Kugelschreiber eine Skizze samt Anmerkungen zu Papier bringen, während der elektronische Schreibstift eine elektronische Kopie in Echtzeit zum Präsentationsmedium überträgt.

Für eine Präsentation möchte man gegebenenfalls die Stiftfarbe und die Strichstärke wechseln oder weitere Zeichenelemente hinzufügen. Jedes Blatt hat deshalb am rechten Rand eine Art Bedienfeld. Das Antippen der Schaltelemente mit dem Stift setzt die Software dank der absoluten Positionserkennung in die entsprechenden Befehle um – während die Schreibmine im Stift dieselbe bleibt.

Wer nichts zu Papier bringen will, sondern das Medium wie ein Grafiktablett nutzen möchte, kann auch das beiliegende Kunststoff-Zeichenfeld benutzen, das ebenfalls das Punktraster aufweist, von dem sich etwaige Schreibspuren leicht wieder entfernen lassen.

Technisch präsentiert sich Papershow ausgesprochen unkompliziert. Der mit Mikrokamera und Batterie ausgestattete Schreibstift streamt die Positionsdaten drahtlos über maximal sechs Meter hinweg per Bluetooth an einen USB-Empfänger, auf dem auch die benötigte Papershow-Software gespeichert ist. Letztere funktioniert momentan nur unter Windows XP, Vista und 7 (ab 2.3), die Mac-Version soll in Kürze fertiggestellt sein.

Beim Einstecken des Bluetooth-USB-Sticks nimmt die Installationssoftware zunächst Kontakt mit dem Oxford-Installations-Server auf, um die jeweils aktuelle Version der Betriebssoftware herunterzuladen und auf dem Stick zu speichern. Nach dem Installieren der Software auf dem Rechner muss man den Stift noch mit dem USB-Empfänger „paaren“, damit bei Betrieb mehrerer Stifte die Software „weiß“, mit welchem Stift sie zusammenarbeiten soll. Diese Paarung ist nur einmal bei der ersten Inbetriebnahme erforderlich.

Die von der Software erfassten Grafiken und Texte lassen sich im proprietären Format PPSH sowie in den Formaten PDF und PPT speichern und weiterbearbeiten oder verteilen, sodass Besprechungsteilnehmer anders als beim Flipchart ihre digitalen Kopien mitnehmen können. Für den Fall, dass jemand digital erstellte Entwürfe, Vorlagen oder Präsentationen im Meeting weiterbearbeiten will, kann die Software PNG-, GIF-, JPG-, PDF- und PowerPoint-Dateien importieren. Zudem veranlasst der Befehl „Auf Papershow-Papier drucken“ einen DIN-A4-Ausdruck in Entwurfsqualität und Blauabstufungen, da vor allem Schwarz die Stiftkamera behindern würde.

Präsentieren mit Papershow kommt dem ursprünglichen Konzept des Ideenentwurfs auf Papier so nahe, wie es mit einem elektronischen Medium nur möglich ist. Das System erfasst die Bewegung der Schreibspitze sehr präzise und vor allem schnell, sodass es auch zügig geschriebenen Text korrekt umsetzt. Zusätzliche Funktionen wie der Wechsel der Schriftfarbe, Strichstärke und zusätzliche Zeichenoptionen entfernen sich genau genommen ein wenig von der reinen Umsetzung des Papierbildes, sind aber für Präsentationen ausgesprochen nützlich. Ein kleiner Wermutstropfen: Man muss das spezielle Papershow-Zeichenpapier benutzen. Eine Lösung mit Normalpapier hätte aber sicher eine Art Grafiktablett im A4-Format erfordert, was unterm Strich sicher schlechter transportabel und umständlicher zu benutzen wäre.

arbeitet als freier DV-Journalist und ist Chefredakteur der Fachzeitschrift Prosound.

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iX-Wertung

+ kaum Vorbereitung und Einarbeitung nötig

+ Stift überträgt seine Position schnell und präzise

+ erkennt die absolute Position auf dem Papier

- nicht für komplexe Umgebungen mit aufwendigen Präsentationen geeignet

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Daten und Preise

Papershow: Präsentationssystem bestehend aus Stift mit Schreibmine, integrierter Mikrokamera, AAA-Batterie, Bluetooth-Sender; USB-Stick mit 256 MByte, Software und Bluetooth-Empfänger; Din-A4-Papier mit spezieller Rastercodierung für Menüführung und Positionsbestimmung des Stifts; Ersatzminen

Preis: etwa 130 Euro

Hersteller: Oxford

Web: www.papershow.com
www.my-oxford.de/digitale-papierprodukte

(sun)