EU-Wettbewerbsregeln für Softwarelizenzen gelockert

Mit Wirkung zum heutigen 1. Mai treten Lockerungen der europäischen Wettbewerbsregeln für Technologie-Lizenzen in Kraft. Die erhoffte Vereinfachung ist jedoch bescheiden ausgefallen.

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  • Dr. Andreas Lober

Mit Wirkung zum heutigen 1. Mai treten Lockerungen der europäischen Wettbewerbsregeln für Technologie-Lizenzen in Kraft. Die erhoffte Vereinfachung ist jedoch bescheiden ausgefallen -- trotz Nachbesserungen am ersten Entwurf steigt das Risiko für Unternehmen, gerade auch durch die ebenfalls heute in Kraft getretene Generalüberholung des europäischen Wettbewerbsrechts.

Erstmals sind durch die neue Gruppenfreistellungsverodnung für Technologietransfer-Vereinbarungen nun auch Vereinbarungen über Software-Lizenzen unter bestimmten Voraussetzungen von dem in Art. 81 des EG-Vertrags verankerten Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen pauschal befreit. Die EU-Kommission sieht darin eine Erleichterung für Unternehmen, die den Zugang zu Innovationen verbessere und mehr Gestaltungsfreiheit gebe. Bisher mussten alle Software-Lizenzverträge von der EU-Kommission im Einzelfall freigestellt werden, wenn sie wettbewerbsbeschränkenden Inhalt hatten -- was beispielsweise bei Preisfestsetzungen, Kundenzuweisungen, Gebietsaufteilungen oder auch Nicht-Angriffsklauseln angenommen werden konnte.

Die nun in Kraft getretene Gruppenfreistellungsverordnung hat allerdings nur einen beschränkten Anwendungsbereich: So erfasst sie nur Vereinbarungen zwischen zwei Unternehmen -- auf Vereinbarungen zwischen einer größeren Anzahl an Partnern muss sie analog angewendet werden. Freigestellt sind auch nur Vereinbarungen über die Produktion von Produkten -- Vergleiche oder Vereinbarungen über die Forschung und Entwicklung werden nicht erfasst. Hier kann aber eine andere Gruppenfreistellungsverordnung (über Forschung & Entwicklung) ins Spiel kommen.

Ob die neue Gruppenfreistellungsverordnung für Technologietransfer-Vereinbarungen überhaupt anwendbar ist, hängt aber auch davon ab, ob die Parteien Wettbewerber und wie hoch ihre Marktanteile sind. Zwei Parteien sind Wettbewerber, wenn sie für konkurrierende Technologien Lizenzen vergeben. Für die Berechnung der Marktanteile kommt es dann aber auf den Umsatz mit solchen Produkten an, die die lizenzierte Technologie enthalten -- nicht auf die Umsätze mit der Technologie selbst. Sind die Parteien Wettbewerber und haben sie gemeinsam einen Marktanteil von mehr als 20 %, ist die Gruppenfreistellungsverordnung nicht anwendbar. Wenn die Parteien keine Wettbewerber sind, darf der Anteil jedes Unternehmens 30 % erreichen.

Kartellrechtsexperten sehen die neue Gruppenfreistellungsverordnung daher als Schritt in die richtige Richtung, aber keinesfalls als den erhofften Durchbruch: Die Ermittlung der Marktanteile der mit der lizenzierten Technologie hergestellten Produkte ist schwierig, weil die Marktabgrenzung in einem dynamischen Gebiet wie dem der Technologie-Lizenzen unsicher ist. Immerhin hat die Kommission der am ersten Entwurf geäußerten Kritik in manchen Punkten Rechnung getragen: Es ist nun klar gestellt, dass eine zunächst zulässige Vereinbarung grundsätzlich nicht allein deshalb unzulässig wird, weil die Vertragsparteien nach Abschluss der Vereinbarung zu Wettbewerbern wurden.

Die neue Gruppenfreistellungsverordnung ist Teil des ebenfalls heute in Kraft getretenen Modernisierungspakets, mit dem die Kommission eine Entbürokratisierung des europäischen Kartellrechts anstrebt. Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen mussten bisher, wenn sie nicht durch eine Gruppenfreistellungsverordnung freigestellt waren, von der Kommission im Einzelfall freigestellt werden. Dies entfällt künftig. Allerdings müssen Unternehmen nun selbst die Zulässigkeit prüfen, was nicht immer einfach ist. Dadurch wird zwar die Bürokratie verringert, das Risiko für Unternehmen aber nicht: Sollte eine Klausel kartellrechtswidrig sein, drohen Bußgelder und der gesamte Vertrag kann platzen. (Dr. Andreas Lober) / (jk)