Schrumpfkur für Lichtpakete

Physikern in Wien und Toronto ist es geglückt, mehr als zwei Photonen miteinander zu verschränken und so die optische Beugungsgrenze geschickt zu umgehen.

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Von
  • Dr. Veronika Winkler

Physikern in Wien und Toronto ist es geglückt, mehr als zwei Photonen miteinander zu verschränken und mit diesen "Mehr-Photonen-Paketen" sehr genaue Positionsmessungen durchzuführen. Damit konnten die beiden Teams die optische Beugungsgrenze geschickt umgehen. Das Verfahren ließe sich beispielsweise für Hochpräzisionsmessungen sowie zur Herstellung noch feinerer Strukturen auf Mikrochips nutzen. Die Wissenschaftler beschreiben das Experiment in der aktuellen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Nature (Nature Vol 429, Nr. 6988, S. 161 und 164).

An der University of Toronto versetzten die Wissenschaftler um Aephraim Steinberg dazu jeweils drei Lichtteilchen in diesen Zustand, während Anton Zeilinger und seine Kollegen, die vor kurzem die erste quantenkryptographisch gesicherte Banküberweisung demonstriert hatten, in Wien dasselbe Kunststück mit vier Photonen vollführten. Sie schufen damit quantenmechanische Systeme, die eine Wellenlänge von nur einem Drittel beziehungsweise einem Viertel der Wellenlänge der Einzelphotonen aufwiesen. Ein optisches Gesetz, das normalerweise das Auflösungsvermögen optischer Geräte beschränkt, wird damit unterlaufen. Es besagt, dass nur Strukturen abgebildet oder auch geschaffen werden können, die von ihrer Größe her mit der Wellenlänge des eingesetzten Lichts vergleichbar sind.

Die so genannte Verschränkung von Teilchen ist ein zutiefst quantenmechanisches Phänomen: Zwei Photonen können demnach dermaßen eng miteinander verbunden werden, dass ein Physiker über die Messung zum Beispiel der Polarisation des einen "Zwillings" sofort diejenige des anderen erfährt, auch wenn dieser Lichtjahre entfernt wäre. Solche Paare können die Forscher heute relativ bequem über ein Verfahren erzeugen, das als parametrische Fluoreszenz ("parametric down-conversion") bezeichnet wird. Ein Kristall mit nichtlinearen optischen Eigenschaften spielt dabei die Hauptrolle. Tritt ein Laserstrahl durch ihn hindurch, wird das eine oder andere Photon in zwei verschränkte Photonen mit doppelter Wellenlänge beziehungsweise je einer Hälfte der Energie aufgespalten. Die Wellenlänge des Paars als Gesamtsystem ist dabei wieder diejenige des Vorgänger-Photons, sodass hier für eine höhere Auflösung "nichts gewonnen" ist.

Anders steht es um die neuen Experimente. Paare dieser Art stellten hier das Ausgangsmaterial dar, mit dem jedes Team auf seine Weise und einigermaßen trickreich Pakete aus drei oder vier verschränkten Photonen in die Welt setzte. Sowohl in Toronto als auch in Wien konnten die Forscher daraufhin eine Längen- bzw. Positionsmessung durchführen, die wie erwartet drei- beziehungsweise viermal so genau ausfiel wie es mit unverschränkten Photonen der Fall gewesen wäre. Viel versprechend ist, dass beide Experimente nach Aussagen der Forscher "skalierbar" sind. Es wird also möglich sein, sie zur Erzeugung noch größerer "Mehr-Photonen-Pakete" auszubauen. (Veronika Winkler) / (wst)