Visionäre der Programmierung

Das besprochene nicht alltägliche Computerbuch stellt Menschen in den Vordergrund, nicht Technik. Die Autoren haben Interviews mit den Schöpfern von 17 Sprachen geführt.

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Stefan Mintert

Federico Biancuzzi, Shane Warden

Köln 2009
O'Reilly
Übersetzung: Thomas Demmig
504 Seiten
34,90 €
ISBN 978-3-89721-934-2

"Visionäre der Programmierung" ist kein alltägliches Computerbuch, denn es stellt Menschen in den Vordergrund, nicht Technik. Die Autoren haben Interviews mit den Schöpfern von 17 Sprachen geführt. Viele dienen der Programmierung, einige sind für Queries, Modellierung und die Beschreibung von Dokumenten gedacht. Es handelt sich um Sprachen wie Basic, ML, SQL, Postscript, C++, Objective- C, Perl, Python, Lua, Java, UML und C#.

Wie zu erwarten, richtet sich das Werk an Leser, die die Programmierung beherrschen. Es ist aber nicht erforderlich, alle oder nur viele der besprochenen Sprachen en détail zu kennen. Im Gegenteil, das Buch erlaubt auf hervorragende Weise das "Über den Tellerrand blicken". Der Leser erfährt, welche Überlegungen zur Entwicklung einer Sprache oder einzelner Eigenschaften geführt haben. Das ist auch für solche Sprachen interessant, die heute keine praktische Rolle mehr spielen. Darüber hinaus sind Entwickler einer als überholt betrachteten Sprache nicht in der Zeit stehen geblieben, können häufig fachkundig aktuelle Entwicklungen kommentieren.

Spannend zu lesen, dass schon vor Jahrzehnten entwickelte Konzepte sich heute den Weg in den Mainstream bahnen. Als Beispiel sei das in mehreren Interviews genannte funktionale Programmierparadigma erwähnt. Nicht minder interessant sind die Gespräche, wenn sie sich um Fragen der zukünftigen Entwicklung drehen. Mehr als einmal taucht in diesem Zusammenhang das Thema Parallelverarbeitung auf. Es lassen sich aber nur wenige wiederkehrende Fragen in verschiedenen Interviews entdecken, was dem Buch gut tut.

Teilweise ist erkennbar, dass die Gespräche sich entwickelt haben und keinem fest vorgegebenen Ablauf folgten. Das führt dazu, dass die Interviewpartner dem Gespräch eine eigene Note geben konnten. Bei Anders Hejlsberg (C#) sind es etwa die Überlegungen zur künftigen Parallelverarbeitung, bei Ivar Jacobson (UML) ist es die kritische Betrachtung mangelnden Fortschritts in der Softwarebranche.

Wer statt Codezeilen Inspiration sucht, für den ist "Visionäre der Programmierung" richtig. Die Ausdrucksmöglichkeiten einer Sprache bestimmte die Art zu denken. Nach der Lektüre dürften Leser genügend Anknüpfungspunkte für eine intensivere Beschäftigung mit neuen Sprachen oder Konzepten haben. Wer des Englischen mächtig ist, sollte dem Original eine Chance geben. Die deutsche Ausgabe kann sprachlich nicht voll überzeugen. (ane)