Abenteuer, abenschwer

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Die Hersteller pushen das Segment der Reisesenkbleie, weil dort die ertragreichste Akronymgruppe überhaupt einkauft: mGaV, mittelalte Gentlemen aus der Versicherungsbranche. So jemand kommt zum Händler, latzt die wahrscheinlich 20.000 Euro, die eine "Adventure" mit oder ohne "Super", von BMW oder KTM, so inklusive Kleidung, Führerschein, Koffern und deren Inhalt kostet, und dann bucht er gleich noch eine Werkstour mit dem Teil. Ka-Tschinng!

Damit sind alle zufrieden. Wo ist das Problem? Es liegt eine Ebene höher, in der Zukunft. Die Gentlemen aus der Versicherungsbranche werden irgendwann die Grenze von "mittelalt" zu "einfach nur alt" überschreiten, an der sie keine Lust mehr haben, sich beim Rangieren eine Adventure egal welcher Art auf die Unterschenkel zu werfen. Sie wenden sich entweder leichten, alten Motorrädern oder anderen Dingen zu. Gleichzeitig kommt am anderen Ende nichts direkt nach in dieses Segment. Denn die Gentlemen sind zwar sehr nett, aber für potenzielle junge Einsteiger so uncool wie ihre Eltern beim Versuch, sich rhythmisch zu Schlagern zu bewegen. Wer dem Nachwuchs was verkaufen will, muss ihn gesondert anmarkten.

BMW unterlässt das praktisch komplett. Es gibt keine BMW, die junge Leute a) wollen (hier fallen alle BMWs außer der RR weg) und b) bezahlen können (hier fällt die RR weg). Die Bayern feiern einen Rekord nach dem anderen mit dieser Strategie. Echte Offroad-Motorräder wie die Enduro G 450 X gibt es bei BMW längst nicht mehr. Im Enduropark Hechlingen gibt es heute ausschließlich adipöse Straßeneimer zum Leihen für Geländekurse, was das Kundensegment mGaV nicht weiter stört. Denn bleiben wir mal nüchtern: Jede Strecke, die Michael Martin mit seinen drei gleichzeitig gefahrenen Adventures walzt, könnte er deutlich schweißärmer auch auf jeder (anderen) Straßenmaschine entlangpillern.

Was hat er nur?

Mein Problem ist also ganz konkret, dass sich die Hersteller eine Kundengruppe züchten, die nur noch Einspur-SUV kaufen und damit von Kaffeestopp zu Kuchenstopp rollern will – aber nur mit MSC! Ich will mehr Werbung für Maschinen, die nicht das schnelle BMW-Geld aus der Versicherungsbranche einbringen, aber den Motorradmarkt an sich langfristig am Köcheln halten können, mit all seinen Facetten. Motorräder zum sportlich vernichten und neu kaufen, dieses krasse Erfolgsmodell des Reifenmarkts (Rennstreckenfahrer geben mehr Geld für Reifen aus als alle anderen Kradisten). Motorräder zum Fahren, vielleicht sogar offroad, vielleicht sogar bezahlbar. Sowas könnte jemand wollen.