Klartext: Ausschleichen

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Wer sonst soll die Dinger auch bezahlen? Mit 18 kaufst du keine nineT. Die Zahlen des KBA spiegeln das: Obwohl der Bestand an Führerscheinen für Krafträder in den letzten zehn Jahren langsam, aber stetig zunahm, sank im gleichen Zeitraum der Führerscheinbestand im Segment 18 bis 24 Jahre Lebensalter deutlich ab.

Merkwürdig weißbärtiger Nachwuchs

Der viel beredete Nachwuchs-Boom bestand also größtenteils aus alten, zurückkehrenden Hasen. Es ist schön, dass die zurückkamen. Aber ihre Rückkehr zählt nicht genauso wie junger Nachwuchs, nicht nur aus statistischen Gründen, sondern auch, weil gesellschaftliche Änderungen an Generationengrenzen springen. Die alten Hasen lieben das Krad aus ihren alten Gründen. Die neuen Menschen können immer weniger damit anfangen, sich einfach auf ein minimalistisches Fahr-Zeug im besten Wortsinn zu setzen, um damit in erschreckender, berauschender Leichtigkeit auf die Grenze zwischen Leben und Tod zuzubeschleunigen.

Das ist einfach immer weniger das Ding junger Menschen. Selbst die, die zum Motorrad fanden, zeichnen sich im Regelfall durch erheblich geringere Jahresfahrleistungen aus als ihre Vorgänger. Solange die Zivilisation fortschreitet, gilt das für jede neue Generation nur stärker. Dass die Kunst in Film und Videospiel das Motorrad so gern in eine postapokalyptische Welt der zusammengebrochenen Zivilisation setzt, zeugt von einer intuitiv-künstlerischen Sicht auf dasselbe Phänomen. Vielleicht erwarten Sie jetzt, dass ich mit einem lächerlichen Vorschlag ums Eck komme, der in einem fernen Utopia doch eine zivilisierte Chance hätte. Nein. Sorry. Und ein blutiges Ende der Zivilisation halte ich aktuell weder für wahrscheinlich noch wünschenswert.

Kleine, einigermaßen stabile Gruppe: Hardcore-Liebhabern

Das Motorrad als Phänomen wird in seiner Bedeutung weiter schrumpfen. Wir Liebhaber, wir Schreiber, wir Fahrer, wir können jetzt alle unsere Haare ausreißen, uns die Ärsche bis zu den Ohren aufreißen, es wird alles nur marginalen Einfluss auf den Lauf der Geschichte zeitigen. Das Kraftrad wird den Weg des Pferdes gehen, der Vinylplatte, des Fahrradfahrens ohne Helm. Irgendwann bleibt längerfristig eine kleine, einigermaßen stabile Gruppe von Hardcore-Liebhabern. Selbst den Skifahrern könnte es irgendwann genauso gehen.

Ich sehe gerade mein Trainings-Langschwert an der Wand hängen. Es zeigt einen weiteren Fall von Liebhaberei. Das Langschwert konstruierte man damals zu einem einzigen Zweck: Menschen töten. Niemand arbeitete damit im Garten, in der Küche, im Wald oder in der Metzgerei. Die Moderne hat deutlich bessere Werkzeuge zum Menschen töten hervorgebracht. Das Langschwert als Waffe wurde obsolet, was den Weg freimachte zum Langschwert als Sportgerät.

Deshalb springen wir herum und schwingen die Dinger aus purem Spaß an der Freude an der Bewegung. Es gibt keinen anderen Grund mehr. Wenn das Motorrad in fernerer Zukunft auf so einem Liebhaber-Niveau angekommt, finde ich darin nur einen traurigen Punkt: Die professionelle Motorradschreiberei wird auf das dazu passende Niveau zusammengestorben sein. Auch 2018 werde ich also wahrscheinlich wieder weniger über Motorräder schreiben. Aber ich habe mir auch die Zeit freigeschaufelt, wieder mehr zu fahren. Euch allen eine schöne Saison! (cgl)