Kritik an CSU-Kampagne gegen Tempolimit

„Tempolimit? Nein Danke!“ Mit einer Kampagne im Internet bezieht die CSU bei einem der größten Reizthemen der deutschen Verkehrspolitik Stellung. Dafür gibt es nun reichlich Kritik

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Mit diesem Logo wirbt sie CSU für ihre Kampagne gegen ein Tempolimit: „Es gibt heute wesentlich effizientere Maßnahmen für mehr Klimaschutz im Verkehr.“

(Bild: CSU)

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  • dpa

Die CSU will sich mit einer Kampagne gegen ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen stemmen. „Die CSU stellt sich klar gegen dieses ideologisch motivierte Vorhaben von Grünen, SPD und Die Linke“, heißt es auf einer Internetseite unter dem Titel: „Tempolimit? NEIN Danke!“. Ein Tempolimit verbessere weder die Verkehrssicherheit noch die Klimabilanz des Verkehrs substanziell.

Verbotswahn

Nach Angaben der CSU gegenüber der Bild am Sonntag haben sich seit Freischaltung der Seite innerhalb von zwei Tagen 10.000 Unterstützer angemeldet. CSU-Generalsekretär Markus Blume sagte der Zeitung: „Immer mehr Bürgern stinkt der ständige Verbotswahn. Viele Bürger wollen dagegen ein Zeichen setzen und sich wehren.“

Vor kurzem hatte der ADAC mit der Aussage für Aufsehen gesorgt, der Club sei nicht mehr grundsätzlich gegen eine generelle Geschwindigkeitsbeschränkung. In der Koalition von CDU, CSU und SPD ist ein Tempolimit umstritten. Die SPD ist dafür, die Union in weiten Teilen dagegen. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte vor Weihnachten der dpa gesagt: „Wir haben weit herausragendere Aufgaben, als dieses hochemotionale Thema wieder und immer wieder ins Schaufenster zu stellen – für das es gar keine Mehrheiten gibt.“

SPD-Chef Norbert Walter-Borjans kritisierte die CSU. „Dass die CSU mit ihrer Anti-Tempolimit-Kampagne einen Keil in die Gesellschaft treiben will, ist höchst fahrlässig.“ Der Koalitionspartner verharmlose die Gefahren zu schnellen Fahrens für Mensch und Klima sowie „für den Umgang miteinander auf unseren Autobahnen“, sagte Walter-Borjans dem Tagesspiegel (Ausgabe vom 3. Februar 2020). SPD-Fraktionsvize Sören Bartol kritisierte am Sonntag: „Die CSU ist beim Tempolimit von gestern. Wenn es eine gesellschaftliche Mehrheit für ein Tempolimit gibt, sodass selbst der ADAC sich in diese Richtung bewegt, sollte sich auch die CSU der Realität stellen.“

CSU: „Unser Problem sind Straßen mit Tempolimit“

Die CSU argumentiert auf ihrer Internetseite, an Gefahrenstellen oder aus Gründen des Lärmschutzes könne bereits heute die Geschwindigkeit beschränkt werden. Die Zahl der Verkehrstoten sei in Ländern mit Tempolimit zum Teil drastisch höher als in Deutschland. „Unser Problem sind die Straßen, auf denen bereits Tempolimits gelten. Auf Bundes-, Landes- und Kommunalstraßen liegen die eigentlichen Herausforderungen der Verkehrssicherheit.“

Zudem sei der Umwelteffekt eines Tempolimits sehr gering, so die CSU. Mit einem generellen Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde könnten lediglich 0,6 Prozent der CO2-Emissionen des Verkehrssektors eingespart werden. „Es gibt heute also wesentlich effizientere Maßnahmen für mehr Klimaschutz im Verkehr.“

Ins Abseits?

Scharfe Kritik kam von den Grünen. „Damit macht sich die CSU zur Splitterpartei und schießt sich selbst ins Abseits“, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter dem Tagesspiegel. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Stephan Kühn schrieb am Sonntag auf Twitter, er habe gedacht, zu so einer Kampagne sei nur die AfD fähig. „Ich habe mich wohl getäuscht.“ Die CSU sei im 21. Jahrhundert offensichtlich noch nicht angekommen.

Der Präsident des Verkehrsgerichtstags, Ansgar Staudinger, hatte von der Bundesregierung eine umfassende wissenschaftliche Studie zum Tempolimit auf Autobahnen gefordert. Durch die Untersuchung solle geklärt werde, wie sich Tempo 130 auf die Verkehrssicherheit und auf die Umwelt auswirken würde, hatte der Bielefelder Rechtsprofessor der dpa gesagt. Im vergangenen Oktober war ein Vorstoß der Grünen für eine generelle Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 Kilometern pro Stunde auf den Autobahnen im Bundestag gescheitert. (mfz)