Klartext

Meinung: Der Mautismus der CSU

Jetzt ist sie endgültig vom Tisch, die Ausländer-Maut. CSU-Verkehrsminister Scheuer musste in Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg konstatieren. Damit geht ein quälend langes Drama zu Ende, kommentiert Christian Lorenz

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Statue von Alexander Dobrindt am Fehmarnbelt 4 Bilder

(Bild: obs/Beltretter)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Christian Lorenz
Inhaltsverzeichnis

Jetzt ist sie endgültig vom Tisch, die Ausländer-Maut. CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer musste das am Dienstag (18. Juni 2019) in Reaktion auf das eindeutige Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Luxemburg konstatieren. Nicht ohne, wie die anderen CSU-Mautverantwortlichen Dobrindt und Seehofer, hinzuzufügen, dass man das Urteil zwar hinnehmen und beachten müsse. Aber keinesfalls könne man die Entscheidung der Europarichter verstehen. Das verwundert nicht. Schließlich war es derselbe Scheuer, der anlässlich des allerersten Gutachtens vom Wissenschaftlichen Dienst der Bundesregierung, in dem übrigens stand, dass die Ausländermaut europarechtswidrig sei, polterte: „Angesichts dieser fachlichen Ignoranz stellt sich die Frage nach dem Sinn des Wissenschaftlichen Dienstes“. Genau! Wir brauchen endlich wieder Minister, die mit wissenschaftlichen Fakten verantwortlich umzugehen wissen.

Weltfremder Lederhosenpopulismus

Innenminister und GroKo-Problembär Seehofer gehört da ebenfalls nicht zu. Verstieg er sich doch zu der Aussage, dass dieses Urteil die Akzeptanz der EU und ihrer Behörden in der Bevölkerung nicht gerade befördern werde. So gesprochen von den Protagonisten dieses weltfremden Lederhosenpopulismus. Mit einem bestenfalls sinnlosen Prestigeobjekt wollten Seehofer und Dobrindt die Sonderstellung Bayerns im Bund, ja in Europa demonstrieren.

Oberflächlich betrachtet scheint die Idee so gut wie einfach. Wir wollen mehr Geld für den Straßenverkehr ausgeben und ärgern uns bei jedem Urlaub darüber, dass wir in Österreich ein Pickerl für die Autobahn brauchen, meistens noch nebst empfindlichen Aufschlag für die Europabrücke. Da kann man doch einfach und billig punkten, indem man eine Autobahnmaut erhebt, die nur für Ausländer gilt. Das erscheint oberflächlich gesehen auch gerecht, weil wir ja bei denen auch zahlen.

Uneuropäisch

Aber hätte die CSU das Stammtisch- und Bierzeltniveau doch irgendwann nur verlassen! Sie hätte nicht ignorieren können, dass die Ausländer-Maut eine von vorne bis hinten dumme Idee ist. Erstens ist eine Ausländerdiskriminierung in Europa nicht nur verboten, sondern jede Tendenz, EU-Bürger anderer Nationalitäten schlechterzustellen zutiefst uneuropäisch. Gerade in Zeiten von Brexit und Trumpeleien in der Weltpolitik brauchen wir ein Schüren von europäischem Bruderzwist gar nicht. Falsch ist auch, dass die außerdeutsche Maut ungerecht gegenüber Deutschen ist. Denn sie muss in exakt der gleichen Höhe von jedem dortigen Inländer bezahlt werden.

Auch der Gedankengang, dass durch die Maut reichlich Geld für die Verkehrsinfrastruktur eingenommen würde, wurde vielfach widerlegt. Ernstzunehmende Studien haben darauf hingewiesen, dass die Kosten für die Mauterhebung deren Gewinn zu einem Großteil kompensieren würden. Ein Gutachten der Grünen kam gar zu dem Schluss, dass Dobrindts Verkehrsministerium bei der Kosten-Nutzen-Rechnung für die Maut jedes ausländische Fahrzeug zweimal zählte, einmal bei der Aus- und einmal bei der Einfahrt. Die CSU hätte also viele Möglichkeiten gehabt, zu erkennen, dass sie sich ein Prestigeobjekt ausgesucht hatte, das scheitern musste.