Milliardenfonds für Diesel-Nachrüstungen?

Die Bundesregierung erwägt einen Milliardenfonds zur technischen Nachrüstung von Dieselfahrzeugen. Es gibt offenbar Überlegungen, zumindest einen Teil der Dieselflotte mit SCR-Kats nachrüsten zu lassen - mit finanzieller Unterstützung der Autohersteller

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Mercedes W204

(Bild: Maercedes)

Lesezeit: 3 Min.
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  • dpa

Die Bundesregierung erwägt einen Milliardenfonds mit Beteiligung der Autoindustrie zur technischen Nachrüstung von Dieselfahrzeugen. Wie das Nachrichtenmagazin Spiegel (Ausgabe vom 6. April 2018) meldete, gibt es Überlegungen, zumindest einen Teil der Dieselflotte mit SCR-Kats nachrüsten zu lassen. Dazu prüfe die Koalition, ob Autokonzerne fünf Milliarden Euro in einen Fonds einzahlen. Die Regierung würde Geld zuschießen.

Manch einer möchte die "alten Stinker" am liebsten ganz aus dem Verkehr ziehen. Darunter würden dann auch Autos fallen, die noch für viele Kilometer oder Jahre gute Dienste leisten könnten. (im Bild: Mercedes W204)

(Bild: Daimler AG)

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte dazu der dpa in Berlin: „Wir kommentieren nicht Spekulationen vor Meseberg, sondern arbeiten hart in Meseberg – mit dem Ziel, dass die Luftqualität in unseren Städten noch besser wird. Dabei ist unsere Leitlinie der Koalitionsvertrag.“ Die große Koalition trifft sich am Dienstag und Mittwoch (10. und 11. April 2018) im Gästehaus der Bundesregierung im Schloss Meseberg in Brandenburg zu ihrer ersten Klausur.

Laut dem Bericht könnte eine Umrüstungsaktion zunächst jene Diesel betreffen, für die es bereits Nachrüstsets gibt. Das seien vor allem jene Modelle, die auch in die USA exportiert werden und dort strengere Stickoxid-Grenzwerte einhalten müssen. Die Nachrüstung soll dem Bericht zufolge zudem nicht flächendeckend kommen, sondern zunächst nur in Regionen, die besonders von Fahrverboten bedroht sind: in Stuttgart, im Rhein-Main-Gebiet oder in München.

In vielen Städten ist die Luft stärker als von der EU erlaubt mit Stickoxiden belastet, die zu einem Teil aus Dieselabgasen stammen. Das Bundesverwaltungsgericht hatte Fahrverbote für Diesel im Februar 2018 generell für zulässig erklärt, dies müsse aber das letzte Mittel sein. Die Bundesregierung will Fahrverbote vermeiden. Im Fokus der Debatte stehen Hardware-Nachrüstungen älterer Diesel-Fahrzeuge, also Umbauten direkt an Motor und Abgasanlage. Die Hersteller wollen bisher lediglich mit Software-Updates die Schadstoffe senken. Viele Experten aber bezweifeln, dass das ausreicht. Die Autobranche lehnt Hardware-Nachrüstungen als zu aufwendig und teuer ab. Vor allem durch den Einbau von SCR-Katalysatoren sinken die Schadstoff-Emissionen von Dieselautos massiv.

„Die Industrie muss sich entscheiden: Entweder fährt der Diesel bei Fahrverboten komplett gegen die Wand, oder er hat als Brückentechnologie noch eine Chance“, sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. „Alleinige Software-Updates reichen nicht aus. Die technische Nachrüstung von Euro 5 und Euro 6 Diesel-Fahrzeugen muss kommen. Die Kosten dafür dürfen selbstverständlich nicht bei den Autofahrerinnen und Autofahrern hängen bleiben.“

Die Bundesregierung hatte ein milliardenschweres Programm für weniger mit Schadstoffen belastete Luft in Kommunen auf den Weg gebracht. Dabei geht es zum Beispiel um Umrüstungen von Bussen und Taxen oder um eine bessere Taktung des öffentlichen Nahverkehrs. Die Autoindustrie hatte sich an dem Programm mit 250 Millionen Euro beteiligt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte angekündigt, die Mittel sollten „versteigert“ werden. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD außerdem vereinbart, gemeinsam mit Ländern und Kommunen die Anstrengungen für eine Verbesserung der Luftqualität speziell in besonders belasteten Innenstädten erheblich zu verstärken.

Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hatte die Autohersteller zu verstärkten Anstrengungen für bessere Luft in Städten aufgefordert. Sie sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie wolle den Druck auf die Hersteller aufrechterhalten, damit es „technische Nachrüstungen“ gebe und die Autos „spürbar sauberer“ würden. (mfz)