Warum nur, Apple? Warum nur, U2?

Apple schenkt seinen Nutzern ein Gratisalbum. Das mag gut gemeint sei, doch ist es ein Zeichen für die ständige Bevormundung durch den iPhone-Konzern.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jens Lubbadeh

Apple schenkt seinen Nutzern ein Gratisalbum. Das mag gut gemeint sei, doch ist es ein Zeichen für die ständige Bevormundung durch den iPhone-Konzern.

Ach Mann, es tut mir ja schon irgendwie leid. Für unsere kommende Heftausgabe habe ich gerade einen ziemlich negativen Kommentar zur Apples neuer Watch geschrieben. Der Bohei um diese Uhr erinnert mich einfach zu sehr and das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“.

Und jetzt das Debakel mit dem geschenkten U2-Album, das man einfach nicht unkommentiert lassen kann. Dabei haben Apple und U2 es doch nur so gut mit uns gemeint, indem sie 500 Millionen iTunes-Nutzern das neue U2-Album geschenkt haben – ob sie es nun wollten oder nicht. Und es waren eine Menge, die es nicht wollten, es aber trotzdem ungefragt in ihre Mediathek gelegt bekamen.

Mich nerven daran mehrere Sachen: zum einen diese ständige Bevormundung. Es ist ja schon schlimm genug, welche Zwänge Apple einem mit seinen Produkten auferlegt – wer mehr darüber lesen möchte: hier, hier und hier. Und sind wir nun schon so weit gekommen, dass Apple und U2 darüber entscheiden können, was die Leute in ihrer Mediathek haben sollen und was nicht?

Das Zweite: Ich finde es einfach unendlich peinlich, wenn sich Künstler so vor den Karren eines Konzerns spannen lassen. Sie waren jung und brauchten das Geld, gilt hier nicht. U2 sind alt und das letzte, was diese steinreichen Rocker noch brauchen, sind die 100 Millionen Dollar, die Apple ihnen für diese Aktion bezahlt hat. Und das von einer Band, die sich immer gerne als gesellschaftskritisch und gutmenschlich inszeniert hat. Es ist ja auch nicht das erste Mal. Schon 2004 und 2006 promotete U2 Apples iPods, beim letzten Mal flossen wenigstens die Hälfte der Einnahmen aus dem Verkauf in wohltätige Zwecke.

Und das Dritte: Mich nerven diese quasireligiös inszenierten Keynotes einfach kolossal. Ein Konzern stellt seine neuen Produkte vor – so fucking what? Wieso müssen alle immer so tun, als würde da ein Prediger sie mit einem neuen Gerät erlösen? Leider haben mittlerweile alle großen Konzerne diese unsägliche Inszenierung übernommen, ich war einmal bei einem „Unpacking“-Event von Samsung dabei, das läuft das nicht viel anders. Für mich war das ein wahrlich befremdliches Erlebnis. Die Journalisten und solche, die so tun als seien sie welche, fühlen sich gebauchpinselt, weil sie bei diesem ach so exklusiven Event dabei sein dürfen, hämmern zum Dank unreflektiert die gerade eben vernommenen PR-Predigt-Bits in ihre Twitterfeeds, nur um ja der erste zu sein und kriegen zum Dank teures Essen serviert und 64-GB-Micro-SD-Karten geschenkt.

Von seinen Produkten her scheint Apple ja langsam normal zu werden. Schön wäre, wenn der Konzern sich künftig auch mal normal verhalten würde. Dann würde ich vielleicht mal wieder Apple kaufen.
(jlu)