Deutschland reguliert Kryptowerte per Gesetz

Die Bundesregierung hat eine Gesetzesnovelle beschlossen, die erstmals explizit in den Kryptohandel eingreift. Beobachter sehen Impulse, üben aber auch Kritik.

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Deutschland reguliert Kryptowerte per Gesetz

(Bild: Ina Fassbender/dpa)

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Gibt es in Zukunft Bitcoin bei der Hausbank? Zumindest ist dieses Szenario wahrscheinlicher geworden: Banken und Start-ups erhalten fortan mehr Rechtssicherheit, wenn sie ihren Kunden Handel und Wallets für Kryptowährungen und Krypto-Assets anbieten. Dafür hat die Große Koalition das Kreditwesengesetz erweitert, das das Kreditgeschäft von Kreditinstituten und Finanzdienstleistern reguliert, und Kryptowerte in die Norm aufgenommen.

Unter Kryptowerte fallen laut Gesetzesbegründung Kryptowährungen und weitere digitale Verbriefungen, etwa Token. Auch Verbraucher dürften von der Gesetzesänderung profitieren, können sie doch zukünftig ihre Krypto-Assets einem Anbieter anvertrauen, der unter der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) steht.

Unter die Neuregelung fallen Unternehmen, die „die Verwahrung, die Verwaltung und die Sicherung von privaten kryptografischen Schlüsseln“ betreiben – das sogenannte Kryptoverwahrgeschäft – und diese Kryptowerte „halten, speichern oder übertragen für andere“. Zwar durften insbesondere Banken auch bisher schon Handel mit Kryptowerten betreiben. Nun aber steht dieser Handel als solcher auf rechtlich sicheren Füßen, wie der Experte Hartmut Giesen von der Hamburger Sutor Bank im Branchenpodcast „PayTechTalk“ betonte.

Dazu trägt auch bei, dass der Finanzausschuss des Bundestages das umstrittene sogenannte Trennungsgebot im Referentenentwurf des Finanzministeriums gestrichen hat. Danach hätten Unternehmen und Banken das Kryptoverwahrgeschäft nur dann betreiben dürfen, wenn es ihr einziges Geschäftsmodell gewesen wäre.

Als weitere bedeutende Neuerung gilt, dass Bundestag und Bundesrat sich auf eine Definition des Begriffs „Kryptowerte“ geeinigt haben. Laut dem geänderten Kreditwesengesetz handelt es sich um „digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt“ – sobald natürliche oder juristische Personen sie als Zahlungs- oder Tauschmittel oder aber Anlageobjekt akzeptieren. Unter die Definition sollen nicht nur Kryptowährungen fallen: Die Gesetzesbegründung erwähnt vielmehr auch Token oder Coins, die als „Krypto-Assets“ behandelt werden. Explizit ausgeschlossen ist hingegen E-Geld, wie es beispielsweise PayPal nutzt.

Mit der Gesetzesänderung will die Regierung in erster Linie eine G20-Vereinbarung zur Geldwäscheprävention gegen Terrorismus und organisierte Kriminalität umsetzen. Dennoch betritt Deutschland Neuland: Die Große Koalition geht über die Anforderungen der EU-Geldwäscherichtlinie hinaus; innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes hat bisher nur Liechtenstein eine vergleichbare Regelung. Kritiker bemängeln daher, dass ein Flickenteppich an nationalen Gesetzen einer EU-weiten Regulierung des Kryptohandels im Wege stehen könnte. Moderatere Stimmen versprechen sich hingegen Impulse für die EU.

Dass die Banken nun kurzfristig massiv in den Kryptohandel einsteigen, erwartet kaum ein Beobachter. Hartmut Giesen etwa rechnet zwar mit einem psychologischen Wandel und einer stärkeren Auseinandersetzung mit dem Thema, hin zu mehr Sicherheit und Vertrauen. Insbesondere käme das Kryptogeschäft durch die Gesetzgebung aus der „Schmuddelecke“ und könne langfristig für Kreditinstitute wie Verbraucher attraktiv werden. Ein großes Hindernis für einen breiten Kryptohandel der Banken, nämlich die Behandlung von Kryptowerten in der Geschäftsbilanz und in den Abschlüssen, bliebe aber bestehen und könne die Marktdurchdringung sogar verzögern.

Kryptowerte werden bilanziell auch weiterhin wie Schulden behandelt und direkt vom Eigenkapital (Unternehmensvermögen) abgezogen. Auch offene Fragen im Bereich des Risikomanagements und der technologischen Durchdringung stehen einem Kryptogeschäft im Alltag noch entgegen. Ein Beispiel ist die sichere Legitimationsprüfung („Know your Customer“) in einem häufig anonymen Umfeld – die die Schweizer Finanzaufsicht Finma kürzlich zur Pflicht erkor. Ebenso sei der Schutz gegen Hacking-Angriffe ein Thema.

Bis zum praktischen Start dauert es ohnehin noch: Die BaFin muss das Erlaubnisverfahren erst im Einzelnen ausarbeiten. Deshalb können bestehende Unternehmen ihren Antrag bis zum 30. November 2020 der BaFin vorlegen. Das Gesetz kann ohnehin lediglich ein Auftakt sein. Auch Verbraucherschützer plädieren bereits für weitere Maßnahmen, damit windige Geschäftemacher Verbrauchern in dem unübersichtlichen Kryptomarkt keine toxischen Werte aufschwatzen können. Zudem wird es ohne internationale Regeln nicht gehen, schließlich ist das Kryptogeschäft eine globale Angelegenheit.


Dieser Artikel stammt aus c't 1/2020
(mon)