c't 20/2017
S. 100
Hintergrund
Auto der Zukunft
Aufmacherbild
Bild: Rudolf A. Blaha

Autorevolution

Die Zukunft des Autos

Vernetzt, elektrifiziert und selbstfahrend – so sieht nach den Vorstellungen der Hersteller das Fahrzeug der Zukunft aus. Dabei ist sich manch ein Experte nicht einmal sicher, ob man in zehn Jahren überhaupt noch Autos besitzen will. Vieles spricht dafür, dass wir an der Schwelle eines neuen Mobilitätszeitalters stehen.

Ob Metropolis, Das fünfte Element, Knight Rider, Total Recall oder Zurück in die Zukunft: In zahllosen Filmen und Serien haben sich Künstler mit der Mobilität der Zukunft auseinandergesetzt und lagen – in einigen Fällen – mit ihren Visionen nur knapp neben unserer heutigen Wirklichkeit: Wie David Hasselhoffs Auto K.I.T.T. lassen sich heutige Konzept-Cars per Sprachbefehl an der Armbanduhr herbeirufen, fahren dank E-Motoren geräusch- und emissionslos und übermitteln ihre Standortdaten an den Besitzer.

Wir haben einen Blick auf die Technik von heute geworfen und einen auf die Zukunft des Automobils gewagt. Die schlechte Nachricht vorweg: Mit der Aufhebung der Schwerkraft wird es auf absehbare Zeit nichts werden. Dennoch hat der heutige Technologiemix aus Elektrifizierung, Automatisierung und Vernetzung das Zeug dazu, unser Verständnis von Automobilität in den kommenden Jahren nachhaltig zu verändern. Am Ende dieser Entwicklung könnte nicht weniger als das Ende des Individualverkehrs stehen. Oder dank Automatisierung gibt es dann nur noch Individualverkehr, aber weder Busse noch Bahnen.

Video: Nachgehakt

Elektroantriebe

Das Auto der Zukunft tankt keine fossilen Brennstoffe. So viel ist sicher, denn am Ende wird allein die Ressourcenknappheit eine neue Richtung diktieren. Vieles spricht dafür, dass die über 100 Jahre alten erfolgreichen Erfindungen von Nicolas August Otto und Rudolf Diesel schon in näherer Zukunft ihren zu Recht beanspruchten Platz im Technikmuseum einnehmen werden. Da ist zum einen das Problem mit den lokalen Emissionen. Die Motorentechnik wurde über Dekaden zwar unglaublich verfeinert, doch am Ende der Kette entstehen wie zu Ottos Zeiten unerwünschte Verbrennungsprodukte. Der Aufwand, der für die Abgasreinigung im Fahrzeug betrieben wird, ist enorm und steigt angesichts härterer Umweltauflagen stetig an. Der Dieselskandal zeigt deshalb auch, wie hoch der Druck auf die Ingenieure ist – ohne dass wir das Fehlverhalten der Automobilhersteller rechtfertigen wollen. Aber in Wirklichkeit kämpfen sie gegen Windmühlen, denn das eigentliche Ziel lautet „Zero Emission“ – für Diesel- wie Ottomotoren nicht erreichbar.

Wenn der Concept-I von Toyota vollautonom fährt, können Insassen das großzügige Panorama genießen oder sich vom Bordsystem unterhalten lassen.

Doch noch ein ganz anderes Argument spricht für den schnellen Wechsel zum E-Antrieb: der Fahrspaß. Wer ein paar Mal mit einem Elektroauto unterwegs war, wird sich freiwillig keinen Verbrenner mehr kaufen – wenn er sich nicht durch mangelnde Reichweite, fehlende Auflademöglichkeiten oder den überhöhten Kaufpreis dazu genötigt sieht. Die Überlegenheit des Antriebs ist für jeden unmittelbar „erfahrbar“ – egal ob im Tesla oder im Kia Soul EV. Selbst auf einem E-Bike sorgt der Elektromotor mit seiner fast über den gesamten Drehzahlbereich konstanten Durchzugskraft für Fahrspaß pur.

Hat man erst einmal bemerkt, dass das E-Fahrzeug im Stadtverkehr deutlich weniger verbraucht als bei Überlandfahrten, dämmert einem, wie ineffizient Verbrenner wirklich sind. Selbst beim zum Benziner deutlich effizienteren Diesel wird nicht einmal die Hälfte der Energie in Bewegung umgesetzt. Der Rest verpufft größtenteils als Abwärme. In der Stadt entstehen zusätzliche Verluste durch Schaltvorgänge, die die Bilanz des Verbrenners gründlich verhageln. Wer mit dem E-Auto im Stadtverkehr vorausschauend fährt, kommt ohne Bremsen aus. Der Elektromotor lässt sich als Dynamo nutzen – geht man vom Gas, fließt die Energie wieder in den Akku (Rekuperation). Bei längeren Bergabfahrten hat die Tankanzeige im Tal auch schon mal um 10 Prozent zugelegt – wie geil.

Kaltstart mit dem E-Mobil: kein Problem. Der Motor muss nicht warmlaufen und das Auftauen der Scheiben setzt mit dem Druck auf den Startknopf ein. Natürlich verbraucht all das Strom – und zwar nicht wenig. Doch das E-Auto verführt mit seiner unmittelbaren Verbrauchsanzeige zum bewussteren Fahren. Man bekommt die Rechnung sehr direkt durch ein Absinken der Restweitenanzeige präsentiert und selbst auf der Autobahn erkennt man schnell, dass zwischen 130 km/h und 160 km/h in Sachen Verbrauch ein riesiger Sprung liegt. Mit dem E-Auto gibt man gerne mal ordentlich Gas, aber auch das Langsamfahren macht Spaß – denn es fühlt sich wie lautloses Dahingleiten an.

Das Heck des Toyota signalisiert Gefahren in Wort und Bild.

Hinzu kommt die Wartungsfreundlichkeit: Ölwechsel, neue Zündkerzen, durchgerosteter Auspuff – all das gehört der Vergangenheit an. So finden sich im Antriebsstrang von Verbrennern rund 2000 bewegliche Teile, während es bei Elektroautos weniger als 50 Teile sind. Studien gehen deshalb mittlerweile davon aus, dass ab 2030 gebaute E-Fahrzeuge durch den Wegfall diverser Verschleißteile und vibrationsfreie Motoren eine Lebenserwartung von 500.000 bis 750.000 Kilometern haben werden.

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