25 Jahre "Fallout​": Galgenhumor im Ödland

Am 10. Oktober 1997 veröffentlicht Interplay das apokalyptische Rollenspiel "Fallout". Doch ihre Anfänge nahm die Serie noch früher.

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(Bild: Bethesda)

Lesezeit: 13 Min.
Von
  • René Meyer
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"Fallout" wird 25: Am 10. Oktober 1997 erschien Teil 1 der Kult-Videospielserie. Dabei ist die Reihe nur der inoffizielle Nachfolger von "Wasteland". Hinter beiden Spielen steckt Interplay, einst eines der besten und innovativen Studios. Und hinter Interplay steckt Brian Fargo.

Fargo veröffentlicht schon mit 19 Jahren, 1981, sein erstes kommerzielles Spiel; das Text-Adventure "The Demon's Forge" für den Apple II. Wie beim Vorbild Sierra werden die Beschreibungen bereits durch farbige Standgrafiken ergänzt. Mit eigenem Geld schaltet er ganzseitige Anzeigen in Magazinen wie Computer Gaming World und Softalk. Und dann ruft er Händler an, gibt sich als Interessent aus, der die Anzeige gesehen hat, und fragt nach dem Spiel, um sie zu Bestellungen zu animieren.

1983 gründet er Interplay und gewinnt dafür drei weitere Programmierer, darunter Rebecca Heineman. Das Studio bleibt zunächst Text-Adventures wie "MindShadow" treu. Besonders erfolgreich wird aber ein Rollenspiel, das nach dem Vorbild "Wizardry" entwickelt wird: "The Bard's Tale". Wie praktisch alle Rollenspiele zu der Zeit ist es textlastig und rundenbasiert. Immerhin lässt sich bereits die Oberstadt in "Echtzeit" durchstreifen; aber gekämpft (und alles andere) in den Dungeons wird durch das Eingeben von Kommandos. Attack or Leave? Es folgen Teil 2 und 3; doch plötzlich überrascht Interplay 1988 mit einem Rollenspiel, das so gar nichts mit Fantasy zu tun hat.

"Wasteland" versetzt in die Ödnis nach einem Atomschlag. Damit gilt es als erstes post-apokalyptisches Rollenspiel. Die Grafik ist gefällig; was die Spieler aber vor allem fasziniert, ist die freie Welt, die sich durchstreifen und entdecken lässt. Statt gegen Orks und Trolle zu kämpfen, hat man es (als Desert Ranger auf der Seite der Guten) mit mutierten Ratten, Ungeziefer, Echsen und Robotern zu tun. Es gibt so viele originelle Ideen. Viele Fertigkeiten wie Schwimmen, Messerkampf, Klettern oder Bombenentschärfen. Die Gruppe kann sich für einen Kampf teilen. Man kann Gegner während des Kampfes anheuern. NPCs haben eine Persönlichkeit; manchmal verweigern sie gar eine Aufgabe.

"Wasteland" erschien 1988 zuerst für den Apple II, dann für den Commodore 64 und den PC.

(Bild: Inxile, Screenshot René Meyer)

Die Welt ist "persistent": Änderungen durch den Spieler bleiben dauerhaft; ein getöteter NPC bleibt tot. So werden Dungeons bei einem weiteren Besuch nicht zurückgesetzt und Gruppen-Mitglieder können nicht wiederbelebt werden. Das macht das Spiel reizvoll und knifflig. Eine weitere Besonderheit sind die Unmengen an Beschreibungen, die im Handbuch ausgelagert sind, das damit auch ein bisschen als Kopierschutz dient. (Vielleicht sind sie eine Hommage an das Gedicht "The Waste Land" von 1922, das ebenfalls mit einer Vielzahl an Fußnoten veröffentlicht wird.)

Die düstere Atmosphäre trifft einen Nerv. Endzeit ist in den späten Achtzigern schwer in Mode, nach dem Unfall in Tschernobyl (1986), der Trilogie "Mad Max" und anderen Filmen wie "The Day After". Einfluss und Namensgeber ist auch die Single "Warriors of the Wasteland" von Frankie goes to Hollywood (die Fargo um ein Haar als Titellied für "Fallout" eingebaut hätte)

"Wasteland" erscheint 1988 zunächst für den Apple II, dann für den Commodore 64 und den PC. Es wird ein Erfolg. Brian Fargo spricht von 100.000 verkauften Stück. Das ist für die Achtzigerjahre nicht schlecht: Die Teams sind ja viel kleiner als heute und damit auch die Produktionskosten.

Interplay arbeitet an einer Fortsetzung mit dem Namen "Meantime" für den Apple II, die man aber im fortgeschrittenen Status einstellt: Die Zeit der 8-Bit-Spiele ist vorbei. Electronic Arts, der Publisher von "Wasteland", veröffentlicht 1990 für DOS eine Art Nachfolger mit dem Namen "Fountain of Dreams", ohne Interplay einzubeziehen. Die würden selbst gern ein "Wasteland 2" entwickeln, aber die Rechte liegen beim Publisher EA. Und Interplay möchte keinen Publisher mehr. Es möchte selbst Publisher sein. Beginnend mit dem heutigen Kultspiel "Battle Chess" und dem Adventure "Neuromancer" veröffentlicht Interplay nun seine Spiele selbst. Und eifert EA und Activision nach, die vor allem Spiele anderer Studios auf den Markt bringen.