25 Jahre "Silent Hill": Horror in einer neuen Dimension​

Seite 2: Die Enden sind nah

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Diese Frage dürfte man sich hier regelmäßig stellen, denn während "Silent Hill" echt viel Geschichte zu erzählen hat, ergibt diese auch nach dem Durchspielen nicht wahnsinnig viel Sinn. Dieses Durchspielen lohnt sich aber, auch mehrfach. Nicht nur, um die drei verschiedenen Schwierigkeitsgrade auszureizen, sondern vor allem, um die fünf möglichen und sehr unterschiedlichen Enden kennenzulernen. Es gibt einige spezielle Gegenstände, die es zu finden gilt, und spezielle Aktionen, die man zum Teil mit korrektem Timing ausführen muss, die darüber bestimmen, welches Ende man zu sehen bekommt.

ACHTUNG, SPOILER! Es ist möglich, eine Art Mega Happy End zu haben, das dafür sorgt, dass Harry, Cybil und ein neugeborenes Baby, die Reinkarnation von Alessa und Cheryl, gemeinsam entkommen – das ist das "Good+"-Ende. Die etwas abgeflachtere Variante, in der es nur Harry und das Baby aus "Silent Hill" rausschaffen, gilt als das offizielle Ende, da dieses Kind, Heather Mason, dann die Heldin des dritten "Silent Hill"-Spiels ist.

Das reguläre "Bad"-Ende ist dann wiederum das tragischste. Denn das impliziert, dass sich das gesamte Abenteuer nur im Kopf von Harry Mason abgespielt hat, der durch den Unfall im Intro schwer verwundet wurde und im Sterben liegend noch diese Bilder gesehen hat. Und dann gibt es auch noch ein bizarres "UFO"-Ende, in dem Harry von Außerirdischen entführt wird, das frühestens beim zweiten Durchspielen erreichbar ist, und das mittlerweile in fast jedem Serienteil einen Auftritt hatte.

Möchte man also wirklich alles sehen, was "Silent Hill" zu bieten hat, ist man echt lang beschäftigt – der erste Durchlauf dürfte locker 15 Stunden dauern. Speedrunner haben diese Zeit mittlerweile auf gut eine halbe Stunde gedrückt, das UFO-Ende ist sogar in gut 25 Minuten erreichbar. Aber "Silent Hill" ist kein Spiel, durch das man durchhetzt, schon gar nicht beim Erstkontakt.

Harry Mason ist kein Superheld, noch nicht mal ein Soldat wie seine "Resident Evil"-Kollegen. Er ist eine ganz normale Person, die gerne mal daneben schießt und schon nach einem kurzen Sprint heftig zu keuchen beginnt. Noch viel wichtiger als diese Personalie ist aber die Stadt selbst: Silent Hill ist kein Ort, in dem man sich wohlfühlen soll.

Der wichtigste Grund dafür ist die mit voller Absicht extrem geringe Sichtweite: Das Spiel ist in den allermeisten Situationen entweder wahnsinnig neblig oder wahnsinnig dunkel. Das hatte zum einen natürlich ganz simple technische Gründe: Die erste Playstation war nicht sonderlich gut darin, eine komplett modellierte Kleinstadt dauerhaft in ihren gerade mal zwei MByte Arbeitsspeicher zu halten. Andere Spiele hätten sich mit vielen Ladepausen beholfen, oder mit unschön ins Bild ploppenden 3D-Strukturen. Team Silent dagegen machte aus der Not eine atmosphärische Tugend: der Nebel als Symbol des Kontrollverlustes der Spieler. Gegner erscheinen überraschend aus dem Nichts und ziehen sich für ihre nächste Attacke auch schnell wieder dahin zurück.

Es gibt im ganzen Spiel nur etwa ein Dutzend unterschiedlicher Standardgegner.

(Bild: heise online)

Immerhin hat man mit dem Radio eine Art Warnsystem in der Tasche: Harry denkt anfangs noch, dass es kaputt sei, es stellt sich aber schnell heraus, dass es sehr wohl funktioniert – nur anders, als gedacht. Denn befindet sich ein Gegner in der Nähe, gibt es ein echt unangenehmes Geräusch von sich, das vor der nahenden Gefahr warnt. Die Sache ist nur: Man weiß trotzdem nicht, woher die Bedrohung kommt, sondern nur, dass sie in der Nähe ist!

Nach nicht allzu langer Spielzeit erfolgt der erste kontrollierte Übergang in die Parallelwelt, durch den Glockenturm der lokalen Schule. Alles ist voller Blut und Dreck und toter Körper, wo vorher eine ganz normale Straße war, läuft man plötzlich auf rostigen Gittern – der grundsätzliche Aufbau der Stadt bleibt zwar gleich, aber die Gestaltung selbst ist komplett anders.

Und hier kommen auch die fortgeschrittenen Lichteffekte erstmals richtig zum Tragen: Harrys Taschenlampe bringt zumindest ein bisschen Übersicht in die omnipräsente Dunkelheit und beleuchtet einen kleinen Radius um ihn herum – natürlich begleitet von gleißenden Lensflares, einem der auffälligsten Grafikeffekte der ausgehenden 90er. So hilfreich das Licht aber auch sein mag, so genau sollte man sich doch überlegen, ob man es nutzen möchte. Denn nicht nur kann man damit die Monster sehen – man erregt damit auch umgekehrt deren Aufmerksamkeit.

Wenn die Dunkelheit einbricht, verschafft einem die Taschenlampe ein klein bisschen Übersicht. Aber sie zieht auch die Aufmerksamkeit der Gegner auf sich.

(Bild: heise online)

Achja, die Monster. Denkt man an "Silent Hill", denkt man auch fast automatisch an den furchterregenden "Pyramid Head" – der hatte seinen Erstauftritt aber in "Silent Hill 2". In Teil 1 schlägt man sich noch mit bizarren Flugdämonen herum, mit gehäuteten Kampfhunden, mutierten Kakerlaken oder bizarren Zwergen mit echt scharfen Krallen. Es sind ehrlicherweise gar nicht so viele, gerade mal ein Dutzend unterschiedlicher Höllengestalten. Und alle nur Nahkämpfer, wodurch man sie sich ganz gut vom Hals halten kann, solange man noch genug Munition für seine Waffen dabeihat.

Anfangs besitzt Harry nur die schwächliche Pistole sowie ein Küchenmesser für die absoluten Notfälle. Später befinden sich dann unter anderem auch noch eine Schrotflinte, ein Stahlrohr, eine Spitzhacke oder ein dicker Hammer in seinem Inventar. Sehr viel mehr ist auch nicht nötig, denn der Kampf spielt in "Silent Hill" überdeutlich nur die achte Geige: Zwar kann der Held hier, anders als in "Resident Evil", gleichzeitig gehen und feuern, wodurch sich die Gefechte etwas weniger sperrig anfühlen. Aber viele Kämpfe lassen sich vermeiden, da Harry schneller rennt als die meisten seiner Feinde. Und es sich ehrlicherweise auch kaum lohnt, sie zu bekämpfen: In "Silent Hill" erhält man für erledigte Gegner keine Erfahrungspunkte oder Items. Standard-Widersacher aus dem Weg zu schaffen, bringt keinen spielerischen Fortschritt, sondern nur eine kurze Atempause. Es warten nur sehr wenige Kämpfe, die absolut unvermeidlich sind, zu denen natürlich vor allem die Begegnungen mit den wenigen Bossmonstern des Spiels zählen: Übergroßer Wurm, Motte oder Reptil sind beeindruckend inszeniert, aber vom Anspruchslevel her nicht sonderlich herausfordernd.

Die seltenen Bossgegner sind eindrucksvoll in Szene gesetzt, bieten aber keine allzu große Herausforderung.

(Bild: heise online)

Die Rätsel sind da schon ein ganz anderes Kaliber. Es gibt nicht sehr viele davon, und die meisten sind auch wirklich ein Klacks. Aber der eine oder andere Kopfsprenger tut selbst heute noch weh. Das berüchtigtste Beispiel dafür dürfte wohl das Klavierpuzzle sein, bei dem man fünf Tasten (aus einer Oktave) in der richtigen Reihenfolge drücken muss. Welche Reihenfolge das ist? Hier der Hinweis des Spiels: "Zuerst flog der gierige Pelikan, erpicht auf die Belohnung, weiße Flügel flatternd. Dann kam eine stille Taube, und flog weiter als der Pelikan, soweit wie sie konnte. Ein Rabe fliegt herbei, höher fliegend als die Taube, einfach um zu zeigen, dass er es kann. Ein Schwan gleitet heran, um eine friedliche Stelle zu finden, gleich bei einem anderem Vogel. Zum Schluss kommt eine Krähe hinzu, die schnell zum Stehen kommt, erst gähnt und dann einnickt. Wer wird den Weg zeigen? Wer wird der Schlüssel sein? Wer wird zu der silbernen Belohnung führen?"

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