25 Jahre "Team Fortress Classic": Der Teamwork-Shooter mit dem Häschen-Problem

Vor 25 Jahren erschuf ein kleines Team eine Mod, welche die Shooterwelt für immer verändern sollte. Nein, nicht "Counter-Strike" – es geht um "Team Fortress".

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Vor 25 Jahren wurde "Team Fortress Classic" veröffentlicht

(Bild: Valve)

Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Paul Kautz
Inhaltsverzeichnis

"Half-Life" feierte Ende 2023 seinen 25. Geburtstag. Ein absoluter Meilenstein der Spielewelt, der seinen Platz in den Geschichtsbüchern mehr als verdient hat. Aber es war nicht nur das erste Abenteuer von Gordon Freeman an sich, das die Massen begeistert hat. Denn "Half-Life" war auch die Basis für einige der wichtigsten Mods aller Zeiten – wie "Team Fortress Classic".

"Ich hab’n roten Punkt, ich hab’n roten Punkt, ich hab’n roten Punkt, AAAAHHH!" – ich höre es heute noch. Ich spiele den "Hunted"-Modus von Team Fortress Classic, genau wie um die Jahrtausendwende herum, und ich hab’s sofort wieder im Ohr, das Geschrei meines Kumpels Gerd, der meistens die Geisel gespielt hat. Ich war in aller Regel der mit einer schweren Minigun bewaffnete Verteidiger, und Uwe hat den Attentäter gemimt.

Der schnelle Frag spielt in "Team Fortress Classic" praktisch keine Rolle – koordinierte Teamarbeit ist viel wichtiger!

(Bild: heise online)

Das Spielprinzip war simpel: Die Geisel musste von Startpunkt A sicher zu Zielpunkt B (einem Fluchttruck) geleitet werden, ohne dass die Attentäter mit ihren Scharfschützengewehren punkten konnten. Um das sicherzustellen, waren die Beschützer dabei. Die trugen zwar eine dicke Panzerung und eine noch dickere Kanone, waren dadurch aber auch nur sehr langsam unterwegs, was die Partien zum Teil haarsträubend spannend machte. Speziell, wenn die Geisel etwas ungeduldig voranpreschte und sich kurz vor der rettenden Garage auf einmal im roten Laservisier der in der Nähe des Ziels lauernden Scharfschützen wiederfand – besagter roter Punkt, der einen deutlich sichtbar anstrahlte und zuverlässig für viel Gekreische und noch mehr unkoordiniertes Herumgehoppele sorgte. Was für ein Riesenspaß!

"Hunted" war nur eine von sechs Karten in der ursprünglichen Veröffentlichung von "Team Fortress Classic". Jede Karte stand dabei nicht nur für einen eigenständigen Level, sondern auch für unterschiedliche Spielvarianten: Manche, wie "The Well" oder "Canalzone 2" präsentierten klassisches "Capture The Flag", vermischt mit "Domination"-Elementen. "2Fort" drehte sich ebenfalls um das Erobern der gegnerischen Flagge, aber auf einem sehr viel kleineren, für beide Parteien symmetrisch aufgebauten Spielgebiet, wodurch die Partien deutlich hektischer und actionreicher abliefen. "Push" ist eine Art ballerlastige Fußball-Variante. Und "Hunted" schließlich ist quasi das "Bodyguard" unter den Spielvarianten, nur mit deutlich weniger Whitney Houston.

Die ursprüngliche Veröffentlichung von "Team Fortress Classic" beinhaltete sechs Karten, die sechs unterschiedliche Spielmodi boten.

(Bild: heise online)

Jede der sechs Karten, die zum Teil direkt aus "Half-Life" übernommen wurden ("Hunted" zum Beispiel entspringt der Karte "c2a5e" aus dem Kapitel "Surface Tension") spielt sich sehr anders – Strategien, die auf der einen funktionieren, sind nicht zwangsläufig auf eine andere übertragbar. Das garantierte direkt zur Veröffentlichung eine unerwartete Menge an Abwechslung, die allerspätestens mit der Veröffentlichung vom "Half-Life SDK 2.0" im Mai des Jahres 2000 nochmals deutlich gesteigert wurde. Denn mit dem konnten eigene Maps und Spielvarianten noch einfacher erschaffen werden, wodurch die Kartendämme endgültig kollabierten.

"The wait is over! Many a frenzied Half-Life fan will be downloading the free multiplayer mod Team Fortress Classic today. Don't be left out!" hieß es am 7. April 1999 auf der von Valve Software betriebenen Webseite teamfortressclassic.com. An diesem Tag wurde "TFC" veröffentlicht, als kostenlos herunterladbare Modifikation für das erst wenige Monate zuvor auf den Markt gebrachte "Half-Life", das zu diesem Zeitpunkt schon den Status einer Shooterlegende innehatte. Genau genommen war "TFC" die allererste offiziell veröffentlichte Mod für das Spiel, die damals noch separat heruntergeladen und aus heutiger Sicht leicht fummelig ins "Half-Life"-Verzeichnis hinzuinstalliert werden musste. Die Bequemlichkeit von Steam war da ja noch gut fünf Jahre entfernt.

Wenn man sich damals in der Shooterszene etwas auskannte, dann war das, was man sich in dem gut 20 MByte schweren Paket runterlud, keine allzu große Überraschung mehr. Denn "Team Fortress" hatte seinen Erstauftritt bereits knapp drei Jahre zuvor als kostenlose Mod für den 1996er Shooter-Meilenstein "Quake": Ende 1996, also gerade mal zwei Monate nach der Veröffentlichung des Spiels, gaben die drei australischen Freunde Robin "Bro" Walker, John "Jojie" Cook und Ian "Scuba" Caughley ihre selbstentwickelte Mod zum Download frei, die anders als im "Hauptprogramm" nicht das große Gegeneinander in dem Vordergrund stellte, sondern das Teamspiel.

"Team Fortress" für "Quake" entpuppte sich rasend schnell als wahnsinnig populär, und wurde im Laufe der nachfolgenden Wochen und Monate kontinuierlich weiterentwickelt: Die ursprünglich fünf Spielerklassen wuchsen auf neun heran, mit der Ende 1996 erfolgten Veröffentlichung von "QuakeWorld" wurde das Ganze online spielbar, und es kamen dedizierte Maps dazu – darunter "2fort", mittlerweile eine der beliebtesten Multiplayerkarten aller Zeiten (die ihrerseits auf der 1996er Karte "fortress.wad" für "Doom 2" basierte).

"2 Fortresses", eher bekannt unter dem Namen "2fort", ist unverändert die beliebteste Karte in "Team Fortress Classic".

(Bild: heise online)

Aufgrund des großen Erfolgs von "Team Fortress" entschlossen sich die Freunde, mittlerweile unter dem Namen "Team Fortress Software" aktiv und um den Skriptprogrammierer Damian "Harsh" Scott angewachsen, an einem Nachfolger zu arbeiten. Davon bekam Valve Software Wind, die gerade an ihrem Debütshooter "Half-Life" arbeiteten, auf Basis einer stark erweiterten "Quake"-Engine namens "GoldSrc". Team Fortress Software wurde komplett übernommen und in Valve integriert, damit das in Arbeit befindliche "Team Fortress 2: Brotherhood of Arms" so viel Unterstützung wie nur möglich erhalten würde. Dieses Projekt, das stark auf militärischen Realismus setzen sollte, entpuppte sich aber als zu ambitioniert für seine Zeit und wurde kurz nach seiner Ankündigung wieder auf Eis gelegt.

Als Alternative stürzte sich das Team auf eine erweiterte Umsetzung ihrer ursprünglichen Mod auf die neue Engine, eben "Team Fortress Classic". Das grundsätzliche Spielprinzip mit den unterschiedlichen Klassen sowie die Auswahl der Karten sollte beibehalten werden. Nur alles eben schöner, besser bedienbar und moderner. Ursprünglich sollte diese Version am 26. März 1999 erscheinen, musste dann aber kurzfristig noch um knapp zwei Wochen nach hinten verschoben werden.