30 Jahre "Demolition Man": Grob und gröber​

Seite 3: Was steht uns noch bevor?

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Es gibt aber auch viele Visionen aus der "Demolition Man"-Zukunft, die noch nicht eingetreten sind. Dass es 2032 nur noch Credits gibt, aber kein Bargeld, ist noch am ehesten plausibel. Der komplette Verzicht auf Benzin-Fahrzeuge wird in den verbleibenden neun Jahren hingegen sicher nicht erreicht – hier lasse ich mich aber gern eines Besseren belehren. Auch das "pure Kapazitätsgel" (englisch "capacitance gel"), das im Film die Batterien antreibt, dürfte Science Fiction bleiben.

Eine gelungene Pointe des Films ist, dass alles Restaurants zwischenzeitlich von "Pizza Hut" eingemeindet wurden – ein Ergebnis der "Franchise-Kriege", in der alle anderen Marken ausradiert wurden. Zwar weisen die aktuellen Fusionsbemühungen der Spielebranche in eine ähnliche Richtung, bisher ging es dabei aber friedlich zu.

Zwei Filmfassungen: Taco Bell vs. Pizza Hut (7 Bilder)

In der US-Fassung von Demolition Man gehören alle Restaurants der Texmex-Kette Taco Bell, ...


(Bild: Warner Bros. / Silver Pictures)

Einige Prognosen aus "Demolition Man" werden schlicht an Naturgesetzen scheitern. Dass sich das E-Auto bei einem Unfall blitzschnell mit schützendem Hartschaum füllt wie im Film, ist nicht umsetzbar. Auch ein Magnetbeschleuniger mit Fusionreaktor in Größe eines Kampfgewehrs dürfte Fiktion bleiben.

Nicht einmal das Kryo-Gefängnis wirkt praktikabel, auch wenn es Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist. Schon der gezeigte Einfrier- und Auftau-Prozess wirkt mehr als unglaubwürdig. Schon gar nicht funktionieren kann die im Film beschriebene Technik der "Rehabilitation" (Gehirnwäsche) im Kryo-Schlaf: Bei null Kelvin kann sich kein Neuron etwas merken.

Ähnlich wie Sylvester Stallone selbst ist auch der Film "Demolition Man" erstaunlich gut gealtert. Hierbei helfen der selbstironische Humor ebenso wie das Aufflackern erstaunlicher Brutalität. Was damals aufregte, wird heute eher belächelt. Ja klar, die Handlung stolpert immer wieder über ihre eigenen Beine und schlingert teils etwas hilflos zwischen Action und Comedy hin und her. Die Motivation des Bösewichts ist mal fragwürdig, mal inkonsistent. Und das Ende ist reines Märchen.

Auf der Habenseite verbucht "Demolition Man" hingegen die alles gebenden Hauptdarsteller, das poppige Production Design und die unterschwellige Satire. Für einen Sonntagabend reicht's allemal.

US-amerikanische Wirtschaftsliberalisten versuchen "Demolition Man" immer mal wieder zu instrumentalisieren, indem sie behaupten, ihr Land schlittere unausweichlich in genau so eine Zukunft. Hierfür ignorieren sie geflissentlich die Auflösung des Films: Der repressive Zwangsfrieden von 2032 ist ebenso wenig aufrechtzuerhalten wie die allgegenwärtige Gewaltbereitschaft von 1996.

Zum Schluss noch eine Anekdote zum Gag mit den "Franchise-Kriegen", die eine Restaurantkette überlebte. In europäischen Releases ist dabei von "Pizza Hut" die Rede, in der US-Version siegte hingegen "Taco Bell" – "Demolition Man" ist der erste Film mit lokalisiertem Product Placement.

Lange hatten die Produzenten nach einem Unternehmen gesucht, das bereit war, seinen Namen für diese Pointe herzugeben. Nach Abschluss der Dreharbeiten wollte der Inhaber der Kette, damals PepsiCo Inc., dass "Taco Bell" für den europäischen Markt durchgehend durch "Pizza Hut" ersetzt werden sollte – eine Kette desselben Konzerns.

Für den digitalen Austausch der Logos und die Aufnahme neuer Dialoge soll der Konzern damals eine Viertelmillion Dollar ausgegeben haben. Wer genau hinsieht, findet allerdings auch in der EU-Fassung noch genügend Taco-Bell-Logos. Und wer den Film in der Originalfassung sieht, sollte auf die Lippenbewegungen der Schauspieler achten: Der Ton mag "Pizza Hut" sagen, doch die Lippen formen ganz deutlich "Taco Bell".

(dahe)