3D-Fernsehen ohne Stereobrille

Oft wird geklagt, die Fernsehunterhaltung sei zu flach. Wenigstens was die Technik anbelangt, geht es Forschern des Berliner Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts (HHI) derzeit darum, für mehr Tiefe zu sorgen.

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Von
  • Anette Weingärtner
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"Ein 3-D-fähiges Fernseh-Display kann in wenigen Jahren schon zum Standard der technischen Wohnzimmerausstattung gehören", sagt Klaus Hopf, Projektmanager am Berliner Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI). Gemeinsam mit fünf weiteren Forschungseinrichtungen, darunter drei Universitäten in England, den Niederlanden und Tschechien, arbeitet das Institut an der Entwicklung eines Multi-User-fähigen 3D-Fernseh-Displays. Der Anteil der Fraunhofer an dem seit Juli 2006 laufenden EU-Projekt besteht in der Erarbeitung von neuartigen autostereoskopischen Verfahren. Ein Ziel der Forscher ist es dabei, eine optimale Bildqualität zu erreichen, die mit derjenigen herkömmlicher monoskopischer Displays vergleichbar ist.

Eine Vorstufe der Technik hat das Fraunhofer HHI mit dem "Free2c"-Display bereits entwickelt. Hier hat heute schon ein einzelner Nutzer die Möglichkeit, holographische Objekte an einem Bildschirm zu bewegen. Die bei diesem System angewendeten Tracking- und Interaktionsverfahren sollen in entsprechend weiterentwickelter Form in das "Multi-User 3D TV"-Display einfließen. "Tracking heißt "Nachführen". Das heißt das System verfügt über eine optische Einrichtung, die die Lichtbündel entsprechend den Augenbewegungen nachführt", erläutert Hopf. Dafür ist es erforderlich, dass die Kopf- und Augenbewegungen des Nutzers zunächst einmal erfasst werden. Dies geschieht durch eine Kamera, die am Monitor angebracht ist. Sie registriert die Position des Betrachters. Das autostereoskopische Display des HHI ermöglicht im Unterschied zu anderen Bildschirmen dieser Art, die auf eine feste Blickposition setzen, eine freie Positionierung des Betrachters innerhalb eines offenen Winkels von näherungsweise 50 Grad.

Um ein stereoskopisches Bild erzeugen zu können, müssen zwei Teilbilder, die ein Objekt oder eine Szene aus zwei geringfügig verschiedenen Perspektiven zeigen, zeitgleich präsentiert werden. Diese Bilder werden auf hochauflösenden Flüssigkristallbildschirmen ineinander verschachtelt dargestellt. Mit Hilfe einer in das Display integrierten Linsenscheibe, die aus etwa 600 vertikal angeordneten Linsen besteht, werden die Bildinformationen streifenweise jeweils an das rechte und das linke Auge des Betrachters entsprechend seiner Kopfbewegungen nachgeführt. Der dreidimensionale Eindruck entsteht durch einen Verschmelzungseffekt im Gehirn, der mit demjenigen des natürlichen Sehens vergleichbar ist. Auch hier wandelt das Gehirn ja bekannterweise die zweidimensionalen Bilder, die ihm jedes Auge einzeln liefert, zu einem räumlichen Bild um.

Eine so genannte kinematische Einrichtung justiert die Linsenscheibe in Echtzeit ohne jegliche bemerkbare Verzögerung, die bei einem Wechsel der Blickpositionen des Betrachters auftreten könnte. Dadurch kann er sich seitlich, vor und zurück bewegen, während er stereoskopische Videobilder sieht. Ein Video-Hand-Tracking-System ermittelt zusätzlich die genaue Position der Finger und analysiert die Bewegung. Anhand dieser Informationen wird das Objekt auf dem Schirm entsprechend bewegt.

Das Free2c-System wird bereits von der Firma Richardson Electronics vermarktet und von Großfirmen und Universitäten eingesetzt. Mit einem stolzen Stückpreis von etwa 20.000 Euro ist es für Privatnutzer noch nicht attraktiv, aber auf Messen und für professionelle Anwendungen bereits gefragt. Auch auf Flughäfen wäre, so Hopf, ein Einsatz des Systems denkbar. Ebenso könne es in Museen dazu dienen, besonders wertvolle Exponate, die von der Öffentlichkeit nicht berührt werden sollen, im 3D-Format zu präsentieren.

Ansätze in Richtung eines 3D-Fernsehens ohne Brille gibt es schon seit längerem. Sie sind aber, laut Hopf, daran gescheitert, dass die Reproduktion der Bilder nicht scharf genug gewesen sei. "Wir wollen nicht den Fehler machen, eine schlechte Bildqualität zu reproduzieren", sagt er. Mit einem holographischen Verfahren sei es nicht möglich, eine adäquate Farbqualität zu erzielen. Denn hierfür sei es erforderlich, feine Strukturen im Nanometerbereich zu erzeugen.