40 Jahre Walkman: Musik zum Mitnehmen

Seite 2: Die Welt ist im Walkman-Fieber

Inhaltsverzeichnis

Die junge Zielgruppe stören die Defizite des zum Marktstart in Deutschland 400 D-Mark teuren Geräts nicht – und Sony legt schnell nach. 1981 folgt der deutlich kompaktere Walkman II, der Chromkassetten (und ebenso die zwischenzeitlich erschienenen Reineisenbänder – Typ IV) korrekt abspielt, mit dem Walkman Pro WM-D 6 gibt es 1982 trudelsicheren Antrieb, Aufnahmemöglichkeit, Dolby B und quartzgeregelte Motoren. Zeitgleich erscheint der reine Abspieler Walkman DD – ebenfalls mit trudelsicherem Laufwerk.

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Dolby-B kommt mit dem Walkman DD II, Dolby C mit dem WM-DC 2. Mit dem 1983 erschienenen WM-20 präsentiert Sony schließlich den Höhepunkt damaliger Feinmechanik: Ohne Kassette im Gerät ist er so groß wie eine Kassettenschachtel. Es gibt Walkman mit integriertem Radio, wasserdichte Varianten im quietschgelben Gehäuse, sogar ein Mini-Doppelkassettendeck.

Kein Zweifel: Die Welt ist im Walkman-Fieber. 1981 meldet der Spiegel allein für Deutschland 100.000 verkaufte Musikspieler – nur von Sony. Wer sich für Details interessiert: Gleich mehrere Fan-Seiten im Netz informieren ausführlich über sämtliche erschienenen Walkman-Modelle: sonyvintage.com, walkman-archive.com und walkmancentral.com.

Mit der Kassette beginnt die Geschichte mobiler Musikunterhaltung aber nur: 1984, ein Jahr nach dem internationalen Start der CD, erscheint mit dem Discman D-50 Sonys erster mobiler CD-Spieler – den die Japaner später ebenfalls Walkman taufen. 1992 folgt mit der MiniDisc die verschleißfreie Variante mobiler Medien – auch hier werden Player und Recorder im Laufe der Jahre immer filigraner und technisch ausgefuchster.

Meisterwerk der Dichtkunst: Mit dem D-CS 901 S 2 macht Sony 2002 Fans von MP3-CDs ein feuchtigkeitsfestes Angebot. Der Player hält mit einem Satz Batterien 24 Stunden am Stück durch, liest auch CD-RWs und hat einen joggingtauglichen Abtastmechanismus.

(Bild: Sony)

Ironischerweise bremst die von Sony miterfundene CD den MiniDisc-Erfolg, denn die von Sony parallel angebotenen CD-Brenner werden Mitte der 1990er Jahre erschwinglich. Und durch einen Hack und die Verbreitung des Internets wird das Datenreduktionsverfahren MP3 nicht nur zum Albtraum für die Musikindustrie, sondern auch für die MiniDisc. Sony Music wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die Möglichkeit, auf der MiniDisc direkt MP3 zu speichern – obwohl es technisch kein Problem wäre. Stattdessen mutet man den Kunden eine ziemlich wackelige Software zu, die MP3 ins MiniDisc-eigene Atrac-Verfahren konvertiert. Erst, als es zu spät ist, kann auch die MiniDisc MP3. Immerhin: Die jetzt Walkman genannten Sony-CD-Portis spielen selbstgebrannte Daten-CDs mit MP3-Musik seit der Jahrtausendwende klaglos ab.

Aber auch deren Glanzzeit neigt sich dem Ende zu: Firmen wie Creative, iRiver, SaeHan ("MP Man") oder RioAudio rollen den Markt der mobilen Musikspieler mit Playern auf, in denen Festplatten oder Speicherkarten stecken. Als dann noch Apple den iPod vorstellt, sieht nicht nur Sony alt aus, sondern auch andere etablierte Anbieter von Unterhaltungselektronik.

Allein war Sony in dem Markt der mobilen Musikspieler nie – nicht nur die japanische Konkurrenz, auch die damals noch aktiven europäischen Anbieter boten Kassetten-, CD- und MiniDisc-Portis an. Aber immer waren die Gerätchen von Sony einen Tick sexyer. Klein und fein beherrscht Sony so gut wie kein anderer – bis Apple kommt. Wirklich erholt hat sich Sony von dem Schlag in diesem Marktsegment nie mehr. Man hält mit eigenen MP3-Spielern dagegen und versucht es – damals als Sony-Ericsson – mit Walkman-Handys.

Tempi passati – schon lange ist die gesamte Produktgruppe ein Nischengeschäft – die Masse der Verbraucher spielt Musik unterwegs vom Smartphone. Für viele Nutzer ist inzwischen schon die Vorstellung bizarr, noch eigene Musiksammlungen zu pflegen – Streaming dominiert. Nur noch wenige Musikenthusiasten benutzen dedizierte Player, sei es, weil sie ihren Smartphone-Akku schonen wollen, sei es, weil ihnen deren Klang (genau: der des Kopfhörerverstärkers) zu schlecht ist.

Nachtrauern muss niemand der High-Tech von einst: Der Autor besitzt einen funktionierenden Sony WM-D 6 C, also die zweite Auflage des professionellen Walkman. Mit Reineisenkassetten – die es neu allerdings nicht mehr gibt – klingt das Gerätchen erstaunlich gut. Aber es hat Taschenbuchgröße und -gewicht, auf eine Kassette passen anderthalb Stunden Musik – und diese lassen sich nur in Echtzeit befüllen.

Allerdings: Damals kümmert sich die EU noch nicht gluckend um ihre Bürger – kein Smartphone, kein MP3-Spieler kann im Zusammenspiel mit einem handelsüblichen Kopfhörer so laut wie der Sony-Walkman von einst… (bme)