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Seite 2: Zukunft der Bibliotheken: Der Computer hält Einzug

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Mitte der 20. Jahrhunderts macht man sich an vielen Orten verstärkt Gedanken, wie die Zukunft der Bibliotheken aussehen könnte. Computer sind zunächst kein Thema. 1950 gibt es weltweit nur rund 20, hat der Technikhistoriker Herbert Bruderer untersucht; die Hälfte in den USA, die Hälfte in Europa. Wie auf anderen Gebieten müssen relativ simple Sortier- und Filtergeräte für die Lochkarten genügen.

Der Karten-Katalog, Alden Library der Ohio University, 1994

(Bild: Ohio University)

Pionierin auf dem Gebiet der Computer-Katalogisierung ist Catherine MacQuarrie. Sie initiiert in den späten fünfziger Jahren einen von einem Computer zusammengestellten Buch-Katalog für die öffentliche Bibliothek des Los Angeles County. Zwei Millionen Einträge in 43 Bänden, unterteilt in Literatur für Kinder und Erwachsene sowie jeweils sortiert nach Autor, Titel und Thema.

1965 startet die Library of Congress in Washington, D. C. ein Pilotprojekt, um Titeldaten von Büchern mit Hilfe von Computern auszutauschen. Für den Datenaustausch entsteht das Format MARC – Machine-Readable Cataloging, das noch heute im Einsatz ist. Im Laufe des Testzeitraums entstehen 50.000 Einträge, die per Magnetband zwischen den teilnehmenden Einrichtungen verschickt werden.

Auch im US-Bundesstaat Ohio trifft sich seit 1951 eine Fachgruppe der College Association regelmäßig, um auszuloten, wie ihre Bibliotheken zusammenarbeiten können. Es ließe sich viel Zeit sparen, wenn ein Datensatz nur einmal angelegt wird und von allen Einrichtungen verwendet werden kann. Und vielleicht ließen sich auf diese Weise auch vereinzelt Bücher gemeinsam nutzen, um die Ausgaben für Ankäufe zu verringern.

1967 beschließt man, Nägel mit Köpfen zu machen: Ein Computersystem soll die Kataloge der Hochschul-Bibliotheken in Ohio miteinander vernetzen. Eine Datenbank, die von allen aufgebaut und von allen genutzt wird. Zusätzlich soll es Fernleihe-Anfragen unterstützen und die eingegebenen Titelinformationen auf Karteikarten ausdrucken. Denn die bleiben noch eine ganze Weile das vorherrschende Recherche-Instrument für Nutzer und Mitarbeiter. Drei Präsidenten von Hochschulen und einige Leiter von Bibliotheken unterzeichnen dazu ein Abkommen.

Für das Umsetzen des Vorhabens gewinnen sie Fred Kilgour. Der setzt bereits in den dreißiger Jahren Lochkarten ein, um Ausleihen von Büchern zu verwalten. Im Zweiten Weltkrieg errichtet er ein System, um Veröffentlichungen wie Zeitungen aus feindlichen Gebieten zu sammeln, auf Mikrofilm zu speichern und nach Washington zu schicken. So gelangen etwa Berichte aus Japan nach Pearl Harbor. Später wird er Bibliothekar in Yale und forscht, wie man den Zugang zu Literatur effizienter gestalten könnte. Seine Vision: Die Menschen kommen nicht in die Bibliothek, die Bibliothek kommt zu den Menschen.

Kilgour wird Gründungsdirektor des Ohio College Library Center (OCLC). Vier Jahre arbeitet man am "Shared Cataloging System", entwickelt Software unter anderem zum Eingeben der Literatur-Informationen und Ausdrucken auf Karten und prüft verschiedene Computer-Systeme, bis man sich für das Modell Sigma 5 entscheidet, einen Mainframe-Computer von Xerox. Ein Senior-Entwickler besucht Xerox zu diesem Zweck für vier Wochen und gibt später Schulungen zum Design und zur Programmierung an die anderen Mitarbeiter.