Akku-Recycling: Emulgator soll Nickel und Kobalt schneller extrahieren

Lieferengpässe und globale Krisen gefährden die Versorgung des Elektroauto-Booms. Eine Technik aus Japan könnte Urban Mining zum Durchbruch verhelfen.

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Batterien

(Bild: Lightboxx/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

Lange forschte Hirochika Naganawa bei Japans Atomenergiebehörde, wie bestimmte Elemente aus Atommüll extrahiert werden könnten. Eine seine Erfindungen nahm er 2020 mit in die Rente, um mit einigen Mitarbeitern als Start-up-Gründer das Recycling von Lithium-Ionen-Akkus zu revolutionieren. Nun steht seine Idee, die "Emulsion-Flow"-Methode, kurz vor der Markteinführung, erklärte der heute 62-jährige Chief Technology Officer des Start-ups "Emulsion Flow Technologies" kürzlich. Bereits im kommenden Jahr will er eine erste kommerzielle Anlage einführen, die kostengünstiger und schneller Kobalt, Nickel und andere wichtige Metalle aus gebrauchten Autoakkus extrahieren kann.

In einer Zeit, in der die Kosten für wichtige Akku-Rohstoffe rasant steigen, hört sich Naganawas Versprechen verlockend an. Zehn mal schneller und für ein Fünftel billiger als bestehende Methoden arbeite seine Technik, behauptet der Forscher. Und die Reinheit der wiedergewonnen Metalle sei mit 99,99 Prozent so hoch, dass sie seinen Aussagen zufolge sofort wieder in der Akku-Produktion eingesetzt werden können.

Dies wäre ein Durchbruch für "Urban Mining", also die Gewinnung von Rohstoffen nicht aus der Erde, sondern dem Wohlstands- und Technikmüll der globalen Stadtbewohner. Durch das Recycling kann die Umweltbelastung durch metallhaltigen Müll und geringeren Bergbau gesenkt werden. Nur wird bisher erst ein Fünftel des E-Mülls recycelt.

Mit den wachsenden globalen Konflikten rücken allerdings die Rohstoff-Reservoirs vor der Haustür in den Mittelpunkt. Denn viele wichtige Metalle werden entweder in Krisengebieten abgebaut oder von wenigen Ländern wie China und Russland kontrolliert, die sich in Augen des Westens von Partnern zu strategischen Rivalen verwandelt haben.

Die neue Technik, die da Abhilfe schaffen soll, stellte Naganawa ausführlich 2017 in einem wissenschaftlichen Artikel in der japanischen Zeitschrift "Bunseki Kagaku" vor, als er noch in Diensten der Atombehörde stand. Die Lösungsmittelextraktion ist eine bekannte Methode, um Substanzen zu reinigen oder eine Zielkomponente zu extrahieren.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Sie beruht darauf, dass zwei Flüssigkeiten verwendet werden, die sich nicht mischen, zum Beispiel Wasser und Öl. Im Öl wäre in diesem Fall ein Extraktionsmittel, ein Emulgator, enthalten, der die gewünschten Metalle bindet. Die herkömmlichen Lösungsmittelextraktions-Methoden benötigen allerdings drei Arbeitsschritte: das Mischen der Lösungen mit den Flüssigkeiten aus dem Akku, das Absetzen des Wassers und die Abscheidung der Ölschicht. Naganawas Methode schafft dies schneller in einem Schritt.

In einem Kolben werden dabei die Flüssigkeiten samt Emulgator zusammengeführt. Der Emulgator sorgt dafür, dass sich die Mikrometer kleinen Öltröpfchen gleichmäßig verteilen. Die Tröpfchen binden die gewünschten Metalle, steigen nach oben und können abgetrennt werden. Zudem kann der Prozess automatisiert und ohne Unterbrechung durchgeführt werden. Außerdem sind die Anlagen geschlossen, wodurch es weniger stark riecht.

Die Entwicklungszusammenarbeit mit etablierten Firmen hilft dem Start-up zudem, die Pilotanlagen zur Marktreife zu entwickeln. 2021 gewann Emulsion Flow Technologies zuerst das japanische Recyclingunternehmen Envipro und danach den Rohstoffkonzern Mitsubishi Materials als Partner. Sie steuern vor allem ihre Erfahrung in Produktionsprozessen bei und hoffen auf eine schnelle Verwirklichung der Versprechen von Naganawas Team, um die Technik selbst anzuwenden.

(jle)