Atomkraft, etwas sauberer

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Thorium Power will dieses Brennstoffsystem nun in den nächsten drei Jahren weiter testen – anfänglich an einem Druckwasserreaktor in Russland. Die Untersuchungen werden in Zusammenarbeit mit dem Kurchatov-Institut durchgeführt, einer Atomforschungseinrichtung in Moskau. Dort prüft man das Thorium-Power-Material bereits seit vier Jahren auf Haltbarkeit und fährt außerdem einen Uran-Zirconium-Herstellungsprozess hoch, um die 3,5 Meter langen Brennstäbe zu produzieren, die in russischen Reaktoren genutzt werden.

Sollten die neuen Brennstäbe sich bewähren, liegt das vor allem daran, dass das Thorium-Uran-Konzept eigentlich bereits lange erprobt wurde. Einige frühe Reaktoren mit Gaskühlung in den Fünfziger- und Sechzigerjahren nutzten ein ähnliches System wie Thorium Power. Auch einige frühe wassergekühlte Reaktoren nutzten die Mischung aus Thorium und Uran. Doch Thorium fiel letztlich aus dem Markt, weil die Atombranche sich auf den Standard Uran einigte – insbesondere nachdem das Material nach dem Three-Mile-Island-Unfall 1979 in den USA enorm billig wurde.

Das Austauschen des Urans alle zwei Jahre erscheint heute allerdings weniger attraktiv. Die Preise steigen ständig, und der hochradioaktive Müll stapelt sich in den kommerziellen Reaktoren in den ganzen USA. Thorium ist auch eine Antwort auf das Problem der Proliferation spaltbaren Materials, das zum Bau von Atombomben verwendet werden könnte. Die Nebenprodukte von Thorium produzieren starke Gammastrahlen, sodass sie von Bombenbastlern nur schwer zu handhaben wären. Thorium Power konzentriert sein Marketing deshalb derzeit auf Entwicklungsländer im Nahen Osten, in Asien und Lateinamerika, die ihre ersten eigenen Reaktoren bauen wollen. Grae wettet darauf, dass ein Design, das die Proliferation von Atomwaffen behindert, auch die Finanzierung der Anlagen in solchen Ländern vereinfacht. Interessant sei auch der indische Markt, wo man große Thorium-Vorkommen hat.

Das Problem der Thorium-Freunde: Das US-Energieministerium meint bereits, eine andere Lösung zu kennen. Der so genannte geschlossene Brennstoffzyklus, bei dem die chemische Aufbereitung das Plutonium aus dem verbrauchten Material der Wiederverwendung zuführt. Diese Aufbereitung ist ein zentraler Punkt des so genannten "Global Nuclear Energy Partnership"-Programmes (GNEP), bei dem wichtige Atomnationen wie die USA den Ländern eine Uranversorgung garantieren, die ihren verbrauchten Brennstoff zurückgeben – das Plutonium, aus dem Atombomben hergestellt werden könnten.

Das GNEP hat viele Kritiker, die bemängeln, dass die Wiederaufbereitung teuer ist und das Risiko der Verbreitung spaltbaren Materials eher erhöht als einschränkt. Das Energieministerium will das Plutonium verbrennen, in dem es mit Uran gemischt wird. Diese Prozedur führt allerdings zu heißerem und giftigerem Atommüll, der nur in schnellen Brütern verwendet werden kann. Diese Reaktoren sind kommerziell jedoch noch immer nicht verwirklichbar.

Grae glaubt, dass Thorium Power aber auch von einer verstärkten Aufbereitung profitieren würde, weil sein System sich besser für die Rückgewinnung von Plutonium eigne. Es würde dann das Uran als Neutronenquelle für die Thorium-Brennstäbe ersetzen. 2005 prüfte der Atomtechnologieriese Westinghouse das System als Option, um überschüssiges militärisches Plutonium loszuwerden. Ergebnis: Die Methode sei deutlich schneller, billiger und effektiver als die Verfeuerung mit Uran. (bsc)