Aufblasbare Raumschiffe

Der US-Milliardär Robert Bigelow will mit einer ungewöhnlichen Technik die private Raumfahrt vorantreiben. Ohne staatliche Fördergelder hat er in wenigen Jahren einen Prototypen entwickelt, der offenbar funktioniert - und die Raumfahrtindustrie verblüfft.

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Von
  • Keno Verseck
Inhaltsverzeichnis

Schon als Teenager, so geht die Legende, soll sich Robert Bigelow geschworen haben, beim Bau von Raumstationen und bei der Besiedlung des Weltalls tatkräftig mitzuhelfen. Jetzt, als 62jähriger, ist der US-amerikanische Milliardär und Besitzer der "Budget-Suite"-Hotelkette dabei, sein Vorhaben zu verwirklichen. Und das auf skurile Weise: mit aufblasbaren Raumschiffen.

Bigelows erster Schritt war erfolgreich: Ein melonenförmiger Ballon, das Testmodul Genesis-1, wurde im Juli letzten Jahres nach fünfjähriger Entwicklungszeit gestartet. Seitdem umkreist er die Erde in einem 550-Kilometer-Orbit und übertrifft alle technischen Erwartungen, angefangen vom Aufblasmechanismus bis hin zum Wert des Druckabfalls im Innern. Auch die Lebenserwartung von Genesis-1 wird die anvisierten drei Jahre möglicherweise überschreiten. Bigelows Ingenieure hoffen auf das Doppelte.

Ein leicht weiterentwickeltes Testmodul, Genesis-2, soll nun im Mai starten, verspätet, weil es vor dem ursprünglich für Januar geplanten Start Probleme mit der russischen Dnepr-Trägerrakete gegeben hatte. Die nächsten Schritte: Im Herbst 2008 will Bigelow das Raumschiff Galaxy ins All schicken und erstmals mit einem Prototyp für ein Lebenserhaltungssystem ausstatten. 2010 soll das bewohnbare, für drei Astronauten nutzbare Sundancer-Modul folgen, 2012 dann das für sechs Raumfahrer ausgelegte Großmodul BA 330, der erste Baustein einer privaten Raumstation, an die weitere Module ankoppeln können.

Rund 90 Millionen Dollar hat Bigelow in sein Vorhaben bisher investiert, mindestens 500 Millionen könnten es am Ende werden. Dabei geht es dem Milliardär nicht um Weltall-Tourismus für exaltierte Millionäre, wie er Anfang April bei einem seiner raren Presseauftritte erklärte. "Wir sind nicht irgendwelche Weltraumhotel-Leute, bloß weil ich auf der Erde der Besitzer einer Hotelkette bin", rief Bigelow auf einer Raumfahrtkonferenz in Colorado Springs vor erstaunten Journalisten genervt aus. Es gehe darum, eine private, kommerzielle Infrastruktur im erdnahen Orbit aufzubauen, deren Nutzungsrecht man an staatliche oder private Großkunden verkaufen werde. Doch, so fügte Bigelow mit einem Seitenhieb auf den US-Raumfahrtsektor hinzu: "Wir wollen keine Hilfe vom Verteidigungsministerium, und wir wollen kein Geschäftsmodell, das von der NASA abhängig ist."

Mit privaten Mitteln vom aufblasbaren Satelliten zur aufblasbaren Raumstation in weniger als anderthalb Jahrzehnten - und das zu einem Bruchteil der Kosten, welche die Internationale Raumstation ISS verschlingt. Von der breiten Öffentlichkeit ist Bigelow mit diesem Plan bisher nur wenig wahrgenommen, von den meisten Raumfahrtagenturen eher belächelt worden. Es mag auch daran liegen, dass der US-Milliardär äußerst medienscheu ist, nur selten Interviews und so gut wie keine Einblicke in sein 1999 gegründetes Raumfahrtunternehmen "Bigelow Aerospace" gewährt.

Doch die wenigen Raumfahrexperten, die im Sommer letzten Jahres unter strengen Sicherheitsvorkehrungen einen Teil seines Raumfahrtzentrums in der Wüste von Nevada, nördlich von Las Vegas, besichtigen durften, nehmen ihn durchaus ernst.