Aufblasbare Raumschiffe

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"Dutzende von Luft-und Raumfahrtunternehmen haben über die Jahre hinweg ähnliche Vorstellungen wie Bigelow gehabt, und sie haben kaum mehr präsentiert als einen Haufen Machbarkeitsstudien, Anträge für staatliche Fördergelder und tolle Zeichnungen von futuristischer Hardware", schreibt James Oberg, einer der führenden US-Raumfahrtpublizisten, der bei der NASA 20 Jahre lang als Flugingenieur arbeitete. "Aber Bigelow hat etwas, was all seine Vorgänger nicht hatten, nämlich einen funktionierenden Prototyp seiner Hardware in einer Erdumlaufbahn, hier und jetzt. Und er hat noch etwas viel Wichtigeres: einen Konstuktionsansatz, der die Größe, die Kosten und die Sicherheit von Raumstationen entscheidend verbessern könnte – ein Ansatz, der sich von der bisherigen Technologie, von den alten sowjetischen Saljuts bis zur heutigen ISS, grundsätzlich unterscheidet."

Gemeint ist das "Inflations-", also das Aufblaskonzept. Ein Raummodul wie Genesis besteht aus einer semielastischen, mehrschichtigen Haut, die in steife, metallische Enden gefasst ist. Beim Start auf einer Trägerrakete hat die Konstruktion schlanke Zylinderform, in der Erdumlaufbahn wird sie durch eine Art Druckluft-Generator aufgeblasen.

Das beim Start 4,4 mal 1,9 Meter große Genesis-1-Modul gewann so etwa ein Drittel an nutzbarem Innenraum, wobei nicht die gesamte Kapazität ausgenutzt wurde. Künftige Module sollen sich bis fast zum Doppelten ihrer Startgröße entfalten können.

Die Idee aufblasbarer Raumschiffe stammt freilich nicht von Bigelow selbst, sondern ist Jahrzehnte alt. In den 1990er Jahren hatte die NASA unter dem Namen "TransHab" mit aufblasbaren Strukturen experimentiert. Eingesetzt werden sollte TransHab als Mars-Raumschiff und als Teilmodul der ISS. Aus Kostengründen strich der US-Kongress das Projekt im Jahr 2000 jedoch. Die TransHab-Technik war es dann auch, die Bigelow von der NASA kaufte.

Wie stark sie von den Ingenieuren bei Bigelow Aerospace weiterentwickelt wurde, ist unklar. Einiges deutet auf viel Bigelow-eigene Konstruktionsarbeit hin. Vor anderthalb Jahren beispielsweise ließ Bigelow sich die Technik aufblasbarer Module, die Satelliten beherbergen können, patentieren. Doch Auskunft zu technischen Details gab es bei dem Raumfahrtunternehmen des US-Milliardärs bisher grundsätzlich nicht. Selbst von den hunderten Aufnahmen, die Innen- und Außenkameras des Genesis-1-Moduls machten, wurden gerade einmal dreizehn veröffentlicht, diejenigen aus dem Innenraum der Kapsel zudem stark gepixelt.

Bekannt sind immerhin Details aus der TransHab-Forschung. Die aufblasbare Modul-Hülle bestand bei NASA-Experimenten aus zwei bis fünf Dutzend Schichten verschiedener Materialien, die zusammen bis zu 40 Zentimeter dick waren: darunter High-Tech-Materialien wie Vectran, Nomex und Kevlar (feuer-, hitze- und reißfeste Kunstofffasergewebe), Combitherm (luftdicht schließende Kunststofffolien aus der Lebensmittelindustrie) und Nextel (Keramikfasern), getrennt voneinander durch Zellschaum- und Filzschichten. In Tests konnte die große strukturelle Stabilität von TransHab wie auch seine hohe Beständigkeit gegen Meteoriteneinschläge gezeigt werden.

Ursprünglich hatte die NASA erwogen, für den Einsatz an der ISS ein elf mal acht Meter großes Modul zu bauen, das 340 Kubikmeter Nutzraum bot. Ungelöst blieb dabei die Konstruktionsaufgabe, Fenster in die aufblasbare Hülle zu integrieren. Für Bigelow ein entscheidendes Problem: Ohne Ausblick auf die Erde dürfte sein Raumfahrtunternehmen kaum Kunden finden. Die Genesis-Module besitzen noch keine Fenster, doch angeblich sind Bigelows Ingenieure dabei, eine Methode auszutüfteln, um in kommende Module wenigstens kleine Fenster zu integrieren. Aber auch hier: keine Auskunft von Bigelow Aerospace.