Ausgezwitschert: Mastodon als dezentrale Alternative zu Twitter

Mastodon ist der Nachrichtendienst im dezentral organisierten Fediverse. Dank tausender Einzelinstanzen sind Nutzer nicht im Vogelkäfig ihres Landes gefangen.

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Social Media am Smartphone

(Bild: Gerd Altmann, Pixabay)

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Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Andreas Itzchak Rehberg
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Nun ist es offiziell, alle Querelen um die Übernahme von Twitter durch Elon Musk sind Schnee von gestern. Was nun mit dem Kurznachrichtendienst passiert, wenn Musk, Chef des Elektroautokonzerns Tesla und Besitzer des Raumfahrtunternehmens SpaceX und bekannt für manchmal eher erratische Vorgehensweisen, zum Twitter-Eigner aufsteigt, wird sich zeigen müssen. Wer unsicher ist, sollte zumindest Alternativen kennen. Eine davon ist Mastodon. Zum massenhaften Auszug aus Twitter in Richtung Mastodon rufen einige schon unter dem Schlagwort #fediverse auf. Und #Mastodon trendet gerade in Deutschland. Wo? Natürlich auf Twitter ...

Aus dem aktuellen Anlass bringen wir unseren Artikel über Mastodon als dezentrale Alternative zu Twitter erneut auf heise online.

Mastodon – doppeldeutig benannt nach dem Eiszeit-Rüsseltier und der Metal-Band – lässt sich am ehesten mit dem sozialen Kurznachrichtendienst Twitter vergleichen: Man schickt Nachrichten an einen offenen Personenkreis, die darauf antworten können. Ebenso kann man Nachrichten weitergeben, was man hier "boosten" nennt, man kann sie favorisieren und auf sie antworten. In einer Mastodon-Nachricht – ein Tweet heißt hier lautmalerisch Tröt oder verbreiteter: Toot – lassen sich Links, Videos, Bilder oder Audio-Dateien einbetten sowie Links posten. Der Zugriff auf Mastodon gelingt nicht nur über den Browser, es gibt auch eine Reihe von Clients für Desktop- und mobile Betriebssysteme, außerdem einige Kommandozeilen-Tools.

Mastodon ist im Fediverse-Universum angesiedelt. Heißt: Es ist dezentral organisiert. Es gibt also keine zentrale Anlaufstelle à la "mastodon.com", sondern derzeit knapp dreitausend unabhängige, miteinander kooperierende Server, Instanzen genannt. Für die Kommunikation mit Konten, die auf der gleichen Instanz beheimatet sind, reicht ein @-Zeichen, gefolgt vom Kontonamen. Bei woanders Beheimateten hängt man die Adresse der Instanz dran, etwa @beispieluser@mastodon.radio. Via Mastodon kann man auch mit Plattformen im Fediverse kommunizieren, die entweder das Protokoll ActivityPub oder OStatus unterstützen, etwa Pleroma. Ein Benutzer-Tracking gibt es im Gegensatz zu Twitter nicht.

Es ist üblich, mit Nutzern anderer Instanzen zu interagieren, sich gegenseitig zu folgen. Dazu benötigt man nicht auf jeder Instanz einen eigenen Account: Es genügt ein Account bei der gewählten Heimatinstanz.

Während bei Twitter ein undurchsichtiger Algorithmus die Nachrichten auswählt und sortiert, die man zu sehen bekommt, gibt es bei Mastodon nach transparenten Regeln erstellte Zeitleisten. Das kann Neulinge zunächst verwirren, erlaubt aber eine einfache und überdies chronologische Übersicht.

Die persönliche Zeitleiste listet Mitteilungen auf, die einen selbst betreffen, etwa neue Follower oder Erwähnungen. Die sogenannte lokale Zeitleiste enthält alles, was auf der gewählten Instanz getootet wird. In der sogenannten föderierten Zeitleiste steppt der Bär: Hier ist alles zu lesen, was auf anderen Instanzen passiert, die mit dem lokalen Server zusammenarbeiten, auf Mastodon-Deutsch: mit ihm föderieren.

Die meisten Instanzen sind recht ähnlich aufgebaut.

Zwei weiteren Leisten zeigen Toots, die man als Favoriten oder als Lesezeichen markiert hat. Außerdem gibt es ein Profilverzeichnis, das für die Suche nach interessanten Leuten praktisch ist, denen man folgen könnte.

Die Startseite bietet zwei Modi: Der einfache Modus zeigt nur die persönliche Zeitleiste. Mit dem Menü am rechten Rand wechselt man zu den anderen Leisten sowie zu den Einstellungen. Dort lässt sich für eine Instanz beispielsweise einstellen, dass nur Toots in ausgewählten Sprachen in der Zeitleiste erscheinen, was die Übersicht erleichtert. Hier kann man auch in den Fortgeschrittenen-Modus wechseln. Der zeigt mehrere Zeitleisten nebeneinander, ähnlich wie man das etwa von Tweetdeck kennt.

Der Fortgeschrittenen-Modus ähnelt mit seinen Spalten dem Tweetdeck-Design.