Automatisches Origami
US-Forscher haben ein neuartiges Material entwickelt, das sich selbst falten kann. Im Versuch lässt sich aus dem programmierbaren Material innerhalb weniger Sekunden ein Schiffchen oder ein Flugzeug im Origami-Stil bilden.
US-Forscher haben ein neuartiges Material entwickelt, das sich selbst falten kann.
Die japanische Papierfaltkunst ist die Inspiration für ein neues Material, das Wissenschaftler an den US-Universitäten MIT und Harvard entwickelt haben. Ihr "digitales Origami" besteht aus einem faserverstärkten Kunststoff, der sich auf Knopfdruck in verschiedene Formen bringen lässt. Dabei lässt der Benutzer entweder ein vorgegebenes Programm ablaufen oder führt dem System sein gewünschtes Objekt in vereinfachter Form über ein eigens entwickeltes Eingabemodul vor.
In seiner Ausgangsvariante besteht das neue Material aus einem quadratischen Plastikblatt mit einer Kantenlänge von vier Zentimetern, das einen halben Millimeter dick ist. Intern ist es aus insgesamt 32 Dreiecken zusammengesetzt, die mittels biegsamer Silikonkontakte miteinander verbunden sind. In diesen sitzen wiederum sogenannte Formgedächtnis-Aktoren – kleine Streifen aus einer Titan-Nickel-Legierung, die sich beim Anlegen eines Stroms um bis zu 180 Grad verformen können und diese Form dann auch beibehalten.
Das Origami-Material ist über Kabel mit einem Computer verbunden, der die verschiedenen Aktoren ansteuert. Im Versuch lässt sich aus dem programmierbaren Material innerhalb weniger Sekunden ein Schiffchen oder ein Flugzeug im Origami-Stil bilden. Das dreidimensionale Objekt kann vom Nutzer dann angehoben und von allen Seiten betrachtet werden.
Die Projektleiter Robert Wood (Harvard) und Daniela Rus (MIT) glauben, dass sich die Dreiecke auch noch verkleinern lassen. So ließe sich mit dem Material fast jede Form herstellen. Ein aus dem Material aufgebauter Bildschirm könnte so beispielsweise auf Knopfdruck dreidimensional werden und Köpfe von Personen im Relief darstellen. Auch eine digitale Landkarte, die Berge und Erhebungen "anfassbar" zeigt, sei denkbar, sagen die Forscher.
Noch benötigt der Prototyp allerdings ein Gewirr an Kabelverbindungen, um die einzelnen Aktoren anzusteuern. Wood und Rus wollen die Technik deshalb weiter vereinfachen und eines Tages auch drahtlos ansteuern. Besonders wichtig ist auch die Verfeinerung des Faltalgorithmus: "Wie müssen vorher bestimmen, wie wir falten müssen, um die gewünschte Form zu erhalten", sagt Wood. Das ähnele der Anleitung in einem Origami-Buch. Dazu mussten die Forscher zunächst die theoretischen Grundlagen der Papierfaltkunst erlernen und ihrem Rechner beibringen. Das sei eine Wissenschaft für sich, sagt Rus.
Neben der Nutzung eines Computers lassen sich Faltungen des Materials aber auch über ein spezielles Steuerbrettchen initiieren. Dabei müssen kleine Blättchen an der richtigen Stelle positioniert werden, denen das digitale Origami dann folgt.
Wood und Rus sind derzeit dabei, ihr Material robuster zu gestalten, es drahtlos zu machen und auch außerhalb des Labors für ganz normale Menschen nutzbar. Ihr Ziel sind ganz neue Produkte, etwa ein größeres Origami-Blatt, das sich auf Knopfdruck in ein vollständiges Geschirrset samt Messer und Gabel verwandelt. (bsc)