Beleidigung eines Kunden ist kein KĂĽndigungsgrund

Einen Kunden zu beleidigen, kann durchaus einen Rausschmiss rechtfertigen. Aber nur, wenn der Arbeitnehmer tatsächlich weiß, wen er gerade beschimpft. Ansonsten genügt auch eine Abmahnung. Hier hat das Recht des Mitarbeiters Vorrang vor der Geschäftsbeziehung.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Marzena Sicking

"Arsch" und "Arschloch" sind nicht gerade die Ausdrücke, die sich ein Unternehmen von seinen Mitarbeitern im Umgang mit einem Kunden wünscht. Wer solche Beleidigungen ausstößt, muss also durchaus damit rechnen, dass er deswegen seinen Job verliert. Allerdings gibt es auch Ausnahmen, wie ein aktuell veröffentlichtes Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein (Urteil vom 08.04.2010, Az.: 4 Sa 474/09) zeigt.

Verhandelt wurde der Fall eines Kraftfahrers, der zu einem Kundenvertreter mehrfach "Arschloch" gesagt haben soll und daraufhin fristlos gekündigt wurde. Wie das Gericht jetzt aufzeigte, kann die notwendige Einzelfallprüfung und Interessenabwägung trotzdem zu dem Ergebnis führen, dass eine Abmahnung ausgereicht hätte. So jedenfalls entschied das Landesarbeitsgericht und der Mann hat seinen Job wieder.

Wer sich jetzt allerdings schon darauf freut, dem unbeliebten Kunden endlich mal so richtig die Meinung geigen zu können, sollte sich trotzdem zurückhalten. Denn gewonnen hat der Mann nur, weil er gar nicht wusste, wen er da beleidigt.

Der Kläger war seit mehr als sechs Jahren als Kraftfahrer in einem Logistikzentrum tätig und hatte in der Vergangenheit einen Kunden bereits mehrfach über seine sehr enge Einfahrt mit einer sehr knapp bemessenen Durchfahrtshöhe unfallfrei beliefert. Da konnte er es natürlich nicht auf sich sitzen lassen, als er bei einer weiteren Lieferung von einer ihm unbekannten Person mit den Worten: "Wie oft wollt ihr jetzt da oben noch gegen fahren?" begrüßt und in gereiztem Tonfall aufgefordert wurde, nicht weiter zu fahren. Seine Antwort fiel nicht gerade höflich aus: "Ich liefere hier seit Jahren und jetzt aus dem Weg, du Arsch". Daraus ergab sich ein scharfes Wortgefecht, in dem der Fahrer sein Gegenüber noch mehrfach als "Arschloch" bezeichnet hatte.

Der Kläger hatte ihn nach eigenen Angaben für einen "Wichtigtuer" gehalten, dummerweise handelte es sich aber um den dortigen Liegenschaftsverwalter, der sich prompt beim Arbeitgeber des Mannes über sein Verhalten beschwerte. Der Arbeitgeber kündigte das bis zu diesem Zeitpunkt unbeanstandete Arbeitsverhältnis fristlos, wogegen der Mann klagte.

Das Landesarbeitsgericht sah ebenso wie bereits die Vorinstanz, das Arbeitsgericht Neumünster, tatsächlich keinen ausreichenden Kündigungsgrund. In der Begründung heißt es: Zwar stelle das grob beleidigende Verhalten des Klägers grundsätzlich einen erheblichen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis dar. Und auch wenn dieses eventuell die Geschäftsbeziehungen des Arbeitgebers gefährde, müsse hier zugunsten des Klägers entschieden werden. Schließlich habe der Mann nicht gewusst, wer sein Gegenüber war und somit auch nicht, dass es sich um einen Repräsentanten des Kunden handelte. Auch erkannte das Gericht im Gegensatz zum Liegenschaftsverwalter an, dass er in der Vergangenheit die beengten Verhältnisse stets ohne Schäden gemeistert habe. Eine Abmahnung hätte laut Urteil ausgereicht, um eine Wiederholung des beanstandeten Arbeitnehmerverhaltens auszuschließen. Das Urteil ist rechtskräftig. (Marzena Sicking) / (map)