Benzin aus Holz

Das niederländische Start-up Kior hat eine Methode entwickelt, mit der sich so genanntes Biorohöl direkt aus Biomasse herstellen lässt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 3 Kommentare lesen
Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Erika Jonietz
Inhaltsverzeichnis

Wäre es nicht praktisch, wenn sich aus landwirtschaftlichen Abfällen ohne Umwege das Ausgangsmaterial für hochwertige Treibstoffe produzieren ließe? Das niederländische Start-up Kior will einen entsprechenden Prozess nun kommerzialisieren. Das von der Biotreibstoff-Firma Bioecon und dem Geldgeber Khosla Ventures gegründete Joint Venture soll so genanntes Biorohöl produzieren, ein Mix aus kleinen Kohlenwasserstoffmolekülen, der sich in Treibstoffe wie Benzin oder Diesel umwandeln lässt – und zwar in bestehenden Raffinerien. Der Prozess wurde von Bioecon entwickelt und soll laut Kior diverse Vorteile gegenüber älteren Biotreibstoff-Produktionsmethoden haben. Die Technik könnte sich als relativ günstig erweisen, setzt auf ungiftige Katalysatoren, nutzt die bestehende Produktions- und Transportinfrastruktur für Benzin und Diesel und liefert laut Angaben der Firma ein Endprodukt, das sauber in aktuellen Motoren verbrannt werden kann.

Biotreibstoffe werden allgemein als wichtiger Schritt auf dem Weg von fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energiequellen angesehen – besonders im Transportgewebe. Ihre Verwendung kann außerdem die Emission von CO2 und anderen Klimagasen senken. Doch Ethanol, der aktuell meistproduzierte Biotreibstoff, enthält im Vergleich zu Benzin und Diesel verhältnismäßig wenig Energie. Ein großer Teil Energie geht zudem in der Produktion verloren: Die Pflanzen müssen gezüchtet und die Ernte dann fermentiert, destilliert und transportiert werden. Viele Biotreibstoff-Fans hoffen daher auf die Möglichkeit, Ethanol aus stark zellulosehaltiger Biomasse zu produzieren – dem Material, das große Teile von Pflanzenstängeln und Hölzern ausmacht.

In der Praxis muss diese Zellulose jedoch zunächst in einfache Zucker herunter gebrochen werden, bevor sie fermentiert und in Biotreibstoffe verwandelt werden kann. Trotz 30jähriger Forschungstätigkeit an dem Thema bleibt dies schwierig, teuer und energieintensiv, so dass die Technologie noch immer nicht wettbewerbsfähig ist. Zudem gibt es aktuelle Erkenntnisse, wonach das stark flüchtige Ethanol bestehende Smogprobleme sogar erhöht – der Stoff entweicht nicht selten direkt in die Luft, anstatt im Motor zu verbrennen.

Um Biotreibstoffe aus zellulosehaltiger Biomasse wirtschaftlich zu machen, will Bioecon-Gründer Paul O'Connor das Material nun in jenes Kohlenwasserstoff-Biorohöl umwandeln, das dann problemlos zu Benzin und Diesel verarbeitet werden kann. Der Mann arbeitet schon lange an dem Thema – er entwickelt seit Jahrzehnten Katalyseprozesse für die Ölindustrie. Sein jüngster Erfolg war eine Technik, die stark zellulosehaltige Biomasse in kurzkettige Kohlenwasserstoffe umwandelt, die sechs bis 13 Kohlenstoffatome lang sind.

Khosla Ventures stellte dem Spinoff Kior dann eine ungenannte Summe an "Series A"-Risikokapital zur Verfügung, um die Entwicklung zu kommerzialisieren. Vinod Khosla, Gründer des Geldgebers, glaubt daran, dass die Konvertierung von Biomasse in flüssige Brennstoffe für den Transportbereich ein zentrales Element bei der Reduktion von Treibhausgasen ist – auch sollen so die schrumpfenden Ölreserven ausgeglichen werden. Der Finanzier setzt dabei auf mehrere technologische Ansätze, gibt auch Geld an Konkurrenten von Kior. Doch dessen Ansatz gilt ihm als einzigartig: "Die haben einen cleveren proprietären Katalyseansatz, der ziemlich unwiderstehlich ist", sagt er. So lasse sich recht billiges Rohöl produzieren: "Das ist attraktiv."

Die derzeit erfolgreichste Methode zur Umwandlung von Biomasse in Treibstoff setzt auf hohe Temperaturen und hohen Druck, um so genanntes Syngas zu produzieren. Ist ein Katalysator präsent, reagiert das Gas dann zu Treibstoffen wie Ethanol oder Methanol, das als Ergänzungsmittel für Biodiesel dient. Doch dies ist ein kostenintensiver Prozess, da die Katalysatoren die hohen Temperaturen stests aushalten müssen und deshalb teuer und nicht selten giftig sind.