Beruf: Komplize
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Weisungsrecht und Verweigerung
Ein solches Weisungs- oder auch Direktionsrecht besteht allerdings nicht grenzenlos, sondern ist auf rechtmäßige Verhaltensanweisungen beschränkt. Gesetzlich verbotene oder sittenwidrige Arbeit darf also nicht verlangt und muss vom Dienst- oder Werkverpflichteten auch nicht erbracht werden [1]. Demnach müsste ein IT-Bediensteter beispielsweise der Aufforderung seines Chefs, eine illegale Softwarekopie im Firmennetz zu installieren, nicht folgen – ansonsten würde er Urheberrechte verletzen, was neben zivilrechtlichen Konsequenzen auch strafrechtliche Verfolgung nach sich ziehen könnte.
Dasselbe würde etwa für eine Order der Geschäftsleitung gelten, die unternehmenseigene Website mit fremden Fotos oder anderen urheberrechtlich geschützten Werken Dritter aufzupeppen, ohne dass dafür die erforderlichen Erlaubnisse vorliegen. Auch eine Aufforderung, den Internet- und E-Mail-Verkehr von Kollegen vollständig zu kontrollieren, wäre rechtswidrig, da dies einen Verstoß gegen § 5 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG – als PDF) sowie eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts der betroffenen Mitarbeiter bedeuten würde [2].
So weit die Theorie. In der Praxis kann sich die Weigerung, eine rechtswidrige Weisung des Arbeitgebers zu befolgen, als durchaus problematisch herausstellen. Bekanntlich machen sich renitente Mitarbeiter nicht unbedingt beliebt.
Wenn ein Arbeitnehmer eine rechtswidrige Weisung des Arbeitgebers nicht befolgt, so liefert das diesem zwar kein Recht, dem Befehlsverweigerer zu kündigen, aber bekanntlich gilt im Arbeitsrecht die Parole "Wer sucht, der findet". Das heißt, wer einen Arbeitnehmer wirklich loswerden will, wird über kurz oder lang auch einen anderen – passenden – Kündigungsgrund finden, notfalls mit einer an den Haaren herbeigezogenen vorgeschalteten Abmahnung.
Naheliegenderweise wird man daher versuchen, dem Chef ein "Nein" zu rechtswidrigen Ansinnen möglichst gut zu verkaufen. Wenn es beispielsweise darum geht, dass eine urheberrechtswidrige Handlung verlangt wird, könnte der kundige Mitarbeiter darauf hinweisen, dass er sich dadurch nicht nur selbst nach § 106 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) strafbar machen würde, sondern der Vorgesetzte als Anstifter zur Tat ebenfalls strafrechtliche Konsequenzen zu befürchten hätte.
Wer seinem Chef nicht gleich die strafrechtliche Hölle auf Erden ausmalen will, könnte auch damit argumentieren, dass im Falle einer urheberrechtswidrigen Handlung dem Unternehmen sowie nach § 100 UrhG auch dessen Inhaber zumindest zivilrechtlicher Ärger droht. Im betrieblichen Alltag bleibt auf die Dauer kaum etwas geheim, und wer garantiert, dass nicht irgendein Verärgerter irgendwann einem anspruchsberechtigten Urheber einen Tipp geben könnte?