Big-Tech-Massenkündigungen: Die fetten Jahre sind vorbei

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In realen Zahlen belaufen sich die Kündigungen bei den sogenannten GAFAM-Konzernen (Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft) in den vergangenen Monaten inzwischen auf mehr als 50.000 Entlassungen. Allein in den vergangenen Tagen kündigte Google-Mutter Alphabet 12.000 Beschäftigten, Microsoft 10.000 Angestellten, Amazon weiteren 8.000 Mitarbeitern, nachdem bereits im vergangenen November die Rede von 10.000 Entlassungen war. Meta hatte seinerzeit die Trennung von 11.000 Angestellten verkündet.

Und das sind nur die Entlassungen bei den fünf US-Techgiganten. Auch andere Techkonzerne folgen den GAFAMs und haben in den letzten Wochen Kündigungen im großen Stil verkündet: Beim CRM-Riesen Salesforce fallen 7000 Jobs weg, bei IBM und Cisco etwa 4000 Arbeitsplätze, bei der Crypto-Plattform Coinbase werden 2000 Stellen gestrichen, während bei Spotify 600 Angestellte ihre Beschäftigung verlieren. Analysten sagten voraus, dass das Wachstum im Silicon Valley nicht ewig weitergehen könne. Trotzdem überrascht das Ausmaß der Kürzungen jetzt viele.

Gleichzeitig erscheinen die Kündigungen in der Technologiebranche im Verhältnis zum vorherigen Einstellungsboom signifikanter als sie tatsächlich sind. "Durch die Entlassungen im Technologiebereich geht das Beschäftigungsniveau gerade wieder auf das von vor sechs bis zwölf Monaten zurück. Es ist mehr Spektakel als es Bedeutung hat", ordnet Galloway den Aderlass ein, den er ironisch die "Patagonia-Westen-Rezession" nennt, weil sie viele Gutverdiener der Generation Z oder Millennials betreffe.

Entsprechend sei die Kündigungswelle nicht überzubewerten und makroökonomisch nicht zu verallgemeinern, findet etwa auch Russell Hancock, Chef des Research-Unternehmens Joint Venture Silicon Valley. "Ich sehe keine Anzeichen einer Pleitewelle. Ich sehe nicht einmal Anzeichen für einen Abschwung oder, Gott bewahre, eine Rezession im Silicon Valley, erklärt Hancock gegenüber Marketwatch. "Ich sehe, dass Unternehmen Anpassungen an der globalen Belegschaft vornehmen, aber das sind marginale Anpassungen."

Vor allem haben die Kündigungen nichts mit dem vermeintlichen Siegeszug der künstlichen Intelligenz zu tun, der jüngst durch den ChatGPT-Hype heraufbeschworen wird. Gerade Microsofts erneutes Milliarden-Investment in die ChatGPT-Mutter OpenAI sieht am gleichen Tag, als die Streichung von 10.000 Stellen verkündet wird, zwar sehr unglücklich aus, führt aber kausal in die Irre. Nicht KI ersetzt Mitarbeiter. Die Entlassungen bei Microsoft und anderen Technologieunternehmen haben viel mehr mit den aktuellen wirtschaftlichen Bedingungen zu tun als mit den jüngsten KI-Durchbrüchen.

Entsprechend dürfte sich der Fokus bald wieder auf die Unternehmensentwicklung selbst richten. In den kommenden Handelstagen legen mit Meta, Apple, Alphabet und Amazon gleich vier der Big-Tech-Konzerne ihre Bilanzen für das abgelaufene Quartal und Gesamtjahr vor. Nach den Kündigungskorrekturen dürften Mark Zuckerberg, Googles Sundar Pichai und Amazons Andy Jassy das Augenmerk schnell wieder auf das Business as usual lenken: das neue Geschäftsjahr. Nur Apple hat es wieder einmal besser: Tim Cook musste als einziger Big-Tech-CEO bislang noch keine Entlassungen verkünden – nicht zuletzt, weil der iPhone-Hersteller vorausschauender eingestellt hatte.

(emw)