Biopolymer-Schaum "frisst" Mikroplastik aus Meer und FlĂĽssen

Chinesische Forscher haben eine neue Methode entwickelt, Kunststoffpartikel aus FlĂĽssigkeiten zu holen. Die Erfolgsrate war im Versuch erstaunlich hoch.

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Mikroplastik im Meer

Mikroplastik im Meer: Ein groĂźes Problem.

(Bild: Shutterstock / Dotted Yeti)

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Dass wir in unseren Ozeanen, Flüssen und im Trinkwasser ein großes Problem mit Kunststoffmüll haben, der sich mehr und mehr zerkleinert und dann von Mensch, Pflanze und Tier in Form von Mikro- oder Nanoplastik wieder aufgenommen wird, ist allgemein bekannt. Doch wie lässt sich das Material aus Flüssigkeiten wieder entfernen, um es zu entsorgen? Über die Jahre gab es zahlreiche Versuche. Eine neue Methode aus China, die an den Hochschulen Wuhan und Huazhong entwickelt wurde, verspricht nun eine besonders hohe Reinigungswirkung.

Die in der letzten Woche in Science Advanced publizierte Untersuchung setzt auf ein faseriges Gerüst aus Biomasse, das in Form eines Schaums ausgebracht werden kann. Die Absorptionsleistung lag dabei in vier verschiedenen Gewässerarten bei 98 bis 99,9 Prozent für Polystyrol, Polypropylen, Acrylglas und PET. Das Absorptionsmaterial besteht aus Baumwollzellulose sowie dem Chitin von Tintenfischknochen. Die stark poröse und dennoch miteinander verbundene Struktur mit positiver Ladung zieht die Kunststoffe dabei aus dem Wasser. Mit mehreren Absorptionszyklen erhöhte sich die Effizienz weiter.

Das Ct-Cel genannte Material muss nun weiterentwickelt werden. Unklar ist auch noch, was mit dem Schaum nach der Aufnahme des Kunststoffs passiert. "Ein Recyclingverfahren könnte verhindern, dass Mikroplastik während des natürlichen Abbaus des Biomasseschaums erneut in die Umwelt gelangt. Obwohl gleichzeitig auch andere Verunreinigungen aufgesammelt werden könnten, erhöht die relativ einfache Reinigung in einem Lösungssystem die Möglichkeit der Wiederverwendung des Mikroplastiks", schreiben die Forscher. Von großer Bedeutung sei, dass das Verfahren auch mit komplexen Wasserflächen funktioniert. Getestet wurde mit Agrarwasser, See- und Küstenwasser sowie stillem Wasser. "Unsere Konstruktionsprinzipien würden die künftige Entwicklung praktischer und nachhaltiger Strategien auf der Grundlage von Biomasseschäumen zur Bekämpfung der Mikroplastikverschmutzung erleichtern", enden die Forscher aus Wuhan und Huazhong.

Eine weitere Idee zur Lösung des Mikroplastik-Problems – hier jedoch in Leitungswasser – stammt ebenfalls von Forschern aus China, in deren Land es noch immer große Probleme mit der Trinkwasserqualität gibt: Sie haben ein Verfahren entwickelt, bei dem ein spezieller Kochprozess die Filterung der Partikel erleichtert. Die Gruppe aus Wissenschaftlern der Guangzhou Medical University sowie der Jinan University sehen Belege dafür, dass das bei hartem Wasser zu immerhin 80 bis 90 Prozent funktioniert. So werde eine Dekontaminierung der sogenannten NMPs (Nano- und Mikroplastik-Fragmente) möglich. Der im Wasser enthaltene Kalk bindet die Partikel dabei. Ozeane lassen sich so aber wohl kaum vom Mikroplastik befreien, denn niemand kann die Meere kochen. Stattdessen zerlegt sich der Kunststoff mechanisch und durch die Sonne, dringt in tiefere Schichten ein und wird von der Pflanzen- und Tierwelt aufgenommen.

Ein weiteres Problem ist das noch immer vielfach verwendete Wasser in Plastikflaschen: Aus diesen – sowie Umkehrosmosefiltern – kann sich Mikro- und Nanoplastik lösen, wie Forscher der Rutgers University im Januar mitteilten. Wie sich herausstellte, stecken in den Flaschen – in den USA gekauft in einem normalen Supermarkt – deutlich mehr Partikel als bislang angenommen. Es ist noch völlig unklar, was diese im Körper anrichten können. Insbesondere dürften Nanoplastikpartikel auch in die Zellen gelangen. "Wir wissen nicht, ob und wie gefährlich es ist“, sagte die Mitautorin der Studie, Phoebe Stapleton, Toxikologin an der Rutgers University. Die Wasserindustrie sieht keine Gefahr: "Derzeit gibt es weder standardisierte [Mess-]Methoden noch einen wissenschaftlichen Konsens über die möglichen gesundheitlichen Auswirkungen von Nano- und Mikroplastik-Partikel", so die International Bottled Water Association. Medienberichte über diese Partikel im Trinkwasser verunsicherten den Verbraucher daher "unnötig".

(bsc)