Bußgelder im Straßenverkehr: Frisst die Inflation die Verschärfung auf?

Die Strafen für Verkehrsdelikte werden zwar regelmäßig erhöht, doch sind sie auch teurer als früher? Ein Vergleich mit dem Jahr 1990 zeigt: Nicht in jedem Fall.

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In den meisten Fällen mangelt es nicht an Strafen, sondern an der Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden.

(Bild: Polizei Bayern)

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Praktisch jede Verschärfung des Bußgeldkatalogs wird vom gleichen Narrativ begleitet: Rasern und anderen Rowdys solle das Handwerk gelegt werden, die höheren Strafen sollen sie zur Räson bringen, die Verkehrssicherheit erhöht werden. Doch sind Bußgelder tatsächlich teurer als in der Vergangenheit? Ein Vergleich mit den Strafen aus dem Jahr 1990 zeigt: Nicht in jedem Fall, wenn man die Kaufkraft einbezieht. Fünf aktuelle Vergehen im Vergleich mit dem ersten bundeseinheitlichen Bußgeldkatalog, der zum 1. Januar 1990 in Kraft trat.

Der neue Bußgeldkatalog bittet Raser stärker zur Kasse. Wer künftig innerorts zwischen 16 und 20 km/h zu schnell geblitzt wird, muss mit 70 Euro das Doppelte zahlen. 1990 waren für das Vergehen 100 DM fällig. Doch die damalige Strafe ist im Vergleich höher. Da die DM im Jahr 1990 laut Deutscher Bundesbank eine Kaufkraft von 0,84 Euro hatte, heißt das: Für das zu schnelle Fahren mussten damals umgerechnet 84 Euro bezahlt werden.

Wer alkoholisiert Auto fährt, muss nicht nur Strafe zahlen, sondern kann auch seinen Führerschein verlieren. Ein erstmaliger Verstoß gegen die Grenze von 0,5 Promille kostet derzeit 500 Euro. Wenn unter Alkoholeinfluss dazu der Verkehr gefährdet wird, gilt eine Grenze von 0,3 Promille, und der Führerschein wird entzogen. Im Vergleich zu 1990 wurde diese Regel verschärft: Damals lag die Grenze noch bei 0,8 Promille. Beim ersten Verstoß waren 500 DM fällig, umgerechnet also 420 Euro.

Wer 1990 an einem Fußgängerüberweg das Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglichte und erwischt wurde, war 100 DM ärmer. Die Kaufkraft berücksichtigt, waren das umgerechnet 84 Euro. Das ist etwas mehr als die 80 Euro, die heute für das gleiche Vergehen gezahlt werden müssen. Damals wurde im Gesetz nicht hinsichtlich der "Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer" unterschieden. Wenn das heute dazu kommt, sind 100 Euro fällig.

Deutlich teurer ist das Überfahren einer roten Ampel geworden. 1990 wurden für "rotes Dauerlichtzeichen nicht befolgt" 100 DM verlangt. Heute wird der Verstoß differenzierter und nicht nur vom Bußgeld her stärker geahndet: Wer über die Ampel fährt, wenn diese länger als eine Sekunde auf Rot steht, zahlt 200 Euro und muss den Führerschein einen Monat abgeben, bei einer Gefährdung anderer sind es 320 und bei verursachtem Sachschaden 360 Euro.

Außer Neuwagen müssen Autos alle zwei Jahre bei einer Hauptuntersuchung überprüft werden, ob sie noch am Straßenverkehr teilnehmen dürfen. 1990 kostete eine mehr als achtmonatige Überziehung des Datums an der Plakette 80 DM – also etwa 67 Euro. Damit ist das identische Vergehen heute sogar preiswerter: Wer so lange überzieht, muss gerade 60 Euro bezahlen. Dafür gibt es aber zusätzlich einen Punkt in der Verkehrssünderkartei.

Eine Verschärfung der Bußgelder hat, inflationsbereinigt, also nicht in jedem Fall stattgefunden. Sie wäre ohnehin nur zum Teil einem Plus an Sicherheit im Straßenverkehr zuträglich. Wirkmächtiger wäre fraglos, die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, bei einem Verkehrsdelikt auch erwischt zu werden. Das allerdings ist etwas schwerer durchzusetzen als die Anhebung der Strafen. Denn dafür müssten die Ordnungshüter von bürokratischem Ballast befreit werden und zusätzliche Kollegen bekommen.

(mfz)