Cannabis: "Landwirte profitieren von der neuen Regulierung überhaupt nicht"​

Die teilweise Legalisierung von Cannabis ist durch. Wie es um Anforderungen beim Anbau des Drogenhanfs steht, erklärt Frank Höppner vom Julius-Kühn-Institut.

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Hanfblüten auf einem Feld

(Bild: Roxana Gonzalez/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Frank Höppner ist Experte für Nutzhanf am Julius Kühn-Institut (JKI), Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Braunschweig. Er erklärt, wer nach den neuen Regeln zum Cannabis-Anbau und -Konsum den Bedarf der Republik voraussichtlich decken wird – und was den Anbau so besonders macht.

Cannabis darf demnächst als Genussmittel konsumiert werden. Woher wird es kommen?

Laut Gesetz darf jeder bis zu drei Pflanzen anbauen. Wie das kontrolliert werden soll, ist allerdings noch nicht reguliert. Ansonsten ist vorgesehen, dass Cannabis ab Juli unter Auflagen von registrierten Clubs für ihre Mitglieder auch im größeren Maßstab angebaut werden darf. Aktuell wird Cannabis in großen Mengen nur für medizinische Anwendungen produziert. Dafür hat die Cannabisagentur des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte mehrere Lizenzen vergeben.

Frank Höppner bestimmt am Institut für Pflanzenbau und Bodenkunde des JKI den THC-Gehalt zur Kontrolle des Faserhanfanbaus in Deutschland.

(Bild: J. Kaufmann / Julius Kühn-Institut (JKI))

Woher bekommen Anbauwillige die nötigen Samen?

Bisher ist dafür noch kein Saatgut in Deutschland vorhanden. Das wird man sich über das Internet bestellen müssen, was ja im Grunde schon heute gemacht wird. Nur der Anbau ist, beziehungsweise war, verboten. Die Samen kommen vor allem aus den Niederlanden und das wird sicher kein Problem darstellen.

Politiker schlagen vor, leere Schweineställe für den Anbau von Drogenhanf zu nutzen. Und der Nutzhanfanbau funktioniert ja auch auf dem Acker sehr gut. Können also Landwirte vom neuen Gesetz profitieren?

Nein, Landwirte profitieren von der neuen Regulierung überhaupt nicht. Selbst der Anbau von Nutzhanf, zum Beispiel für Dämmstoffe oder Textilien, ist nach wie vor nach dem Betäubungsmittelgesetz anzeigepflichtig und wird auch kontrolliert. Danach darf der Hanf maximal 0,3 Prozent des berauschenden Tetrahydrocannabinols (THC) enthalten. Das ist in Ländern wie Kanada, Indien und in den USA anders. Dort sind Gehalte von mehreren Prozent erlaubt. Hinzu kommt: Der Anbau von Drogenhanf ist etwas ganz anderes.

Inwiefern?

Um eine gute Cannabis-Qualität zu bekommen, müssen die Pflanzen genauso betreut werden wie Medizinalhanf. Und das funktioniert nur indoor, klimatisiert und mit Techniken, die in der auf Ackerbau ausgerichteten Landwirtschaft nicht die Regel sind. Licht, Temperatur und Luftfeuchtigkeit müssen so optimiert werden, dass man hohe THC-Gehalte herausbekommt. Draußen wären die Wetterschwankungen für eine gleichmäßig hohe THC-Produktion viel zu groß.

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Gibt es weitere Unterschiede zwischen den Anbaumethoden für Nutz- und Drogenhanf?

Der Anbau von Drogenhanf ist darauf angelegt, nur die Blüten zu ernten. Die Pflanze soll also immer nur in der Blühphase bleiben, Blüten und Blätter, aber keine Samen produzieren. Nur so kann ich eine Pflanze dauerhaft nutzen. Würde Drogenhanf auf dem Acker angebaut werden, würde er irgendwann in die generative Phase wechseln und Samen produzieren und dann stirbt die Pflanze.

Warum passiert das indoor nicht?

Weil dort nur weibliche Pflanzen wachsen, die nicht befruchtet werden. Diese Situation lässt sich draußen nur schwer herstellen.

Wie wird die Pflanze abgeerntet?

THC steckt in den klebrigen Ausscheidungen von Drüsenhaaren, die in unterschiedlicher Dichte auf der Epidermis der Pflanzen sitzen. Will ich reines THC haben, müssen physikalisch-chemische Methoden angewandt werden. Für Marihuana werden Fruchthüllblätter, Stängel und Blätter nur zerkleinert.

Wie groß ist die Gefahr für Pflanzenkrankheiten?

Man hat natürlich ein gewisses Risiko für Pilzerkrankungen, die sich wegen der höheren Luftfeuchtigkeit indoor schnell ausbreiten können. Wenn sich eine Pilzkrankheit erst einmal in den Wurzelbereich ausbreitet, geht die Wurzel kaputt und dann ist auch die Pflanze schnell tot.

Kommen Pestizide als Gegenmittel zum Einsatz?

Die Anbauer werden die Produktion natürlich möglichst intensivieren, aber ich gehe nicht davon aus, dass sie mit viel Pflanzenschutzmittel arbeiten werden. Sie wollen ihr Produkt schließlich in der Regel auch selber konsumieren. Allerdings ist so etwas wie eine Kontrollkette im aktuellen Gesetz gar nicht verankert.

(anh)