Patentiert: Günstiger chemischer Wärmespeicher ohne Isolierung

Thermochemische Reaktionen legen die Grundlage für einen günstigen Speicher für ansonsten verpuffende industrielle Abwärme.

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Der Reaktor im Experiment.

(Bild: TU Wien TV / Screenshot YouTube)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Nachtspeicherheizungen halten Wärme einige Stunden, Speicher aus Salz, Sand oder Beton sogar einige Monate. Ebenso lange Speicherzeiten bietet nun ein neuartiger thermochemischer Wärmespeicher, den Franz Winter und sein Team an der Technischen Universität Wien entwickelt haben. Die Grundlage bildet eine spezielle chemische Reaktion, um etwa Abwärme von Industrieanlagen oder auch Sonnenwärme im Sommer lange zu speichern. Über eine weitere Reaktion kann diese Wärme selbst Monate später wieder freigesetzt werden, um damit den Winter hindurch Gebäude zu heizen.

Das grundlegende Prinzip des jüngst patentierten Suspensionsreaktors ist die Umwandlung von Wärmeenergie in chemische Energie und wieder zurück. "Wir verwenden etwa Borsäure, ein festes Material, das wir mit Öl vermischen", sagt Winter. Die daraus entstehende ölige Suspension kommt in einen Reaktor, dessen Wand auf eine Temperatur zwischen 70 und 200 Grad Celsius aufgeheizt wird. Dabei wird Borsäure in Boroxid umgewandelt und Wasser freigesetzt. Die ölige Boroxid-Suspension lässt sich ohne aufwendige Wärmeisolation in Tanks lagern. Führt man später dieser Suspension wieder Wasser zu, läuft die chemische Reaktion umgekehrt ab. Die Folge: die anfangs gespeicherte Wärme wird wieder freigesetzt. "Damit ist der Kreislauf geschlossen und die Suspension kann ein weiteres Mal verwendet werden", sagt Winter.

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Neben Borsäure können auch andere Chemikalien eingesetzt werden – so wurden etwa auch Salzhydrate untersucht. Borsäure und Salzhydrate vereinen gleich mehrere Vorteile: Sie sind kostengünstig, verfügbar, relativ ungefährlich und über viele Zyklen hinweg stabil. Ein besonderer Vorteil dieses thermochemischen Wärmespeichers ist sein variabler Temperaturbereich. So könne er an viele Prozesse in der Industrie angepasst werden, um die Abwärme optimal zu nutzen. Zudem ließe sich laut Winter die Reaktortechnologie auf industrielle Maßstäbe skalieren.

Vor einer abschließenden Bewertung gilt es noch, den genauen Wirkungsgrad des Prozesses zu ermitteln. Nach Aussage der Wiener Forscher wird dieser stark davon abhängen, wie der Speicher mit anderen Technologien gekoppelt wird. Eine nachgeordnete Relevanz hätte der Wirkungsgrad, wenn Abwärme, die sonst einfach verlorengeht, zum "Aufladen" der Speicher genutzt werde. "Wir wollen nun, auch gemeinsam mit Industriepartnern, intensiv an dieser Technologie weiterforschen", sagt Winter. "Wir sind überzeugt davon, dass mit dieser Erfindung ein wichtiger Schritt nach vorne gelungen ist, der in den nächsten Jahren auch den Schritt in die industrielle Anwendung finden wird."

(jle)