Comic-Autor Ryan North hat einen Ratgeber für Zeitreisende geschrieben

Wem die Zivilisation abhanden kommt, der kann zwei Dinge gut gebrauchen: Wissen und Humor. Beides liefert das neue Buch von Ryan North reichlich.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 39 Kommentare lesen

(Bild: Peter Herrmann / Unsplash)

Lesezeit: 2 Min.

Wer wünscht sich nicht manchmal eine Zeitmaschine, um in die angeblich gute alte Zeit zu flüchten? Was, wenn Sie die tatsächlich hätten, sich Ihr historisches Ausflugsziel dann aber mangels Zivilisation als nicht so toll herausstellt und zu allem Übel auch noch die Zeitmaschine streikt – etwa wegen des Ausfalls der Kausalitätskompensator-Matrix oder des Chronotonen-Zerstreuungsfeld-Initiators?

Das Bordhandbuch empfiehlt trocken: „Falls Sie sich mit der Idee, nie mehr zu Ihren Freunden und Ihrer Familie zurückzukehren, abfinden wollen, tun Sie dies bitte jetzt. Da Sie nicht länger in die Zukunft zurückkehren können, laden wir Sie dazu ein, die Zukunft zu Ihnen zurückzubringen.“

»Ich habe diesen Leitfaden nicht geschrieben. Zumindest... nicht in dieser Zeitlinie.«

(Bild: Connie Tsang)

Schritt eins: Erstmal feststellen, wo man überhaupt ist – beziehungsweise wann. Gibt es zum Beispiel bereits eine atembare Atmosphäre? Wenn nicht, hat sich die ganze Sache schnell erledigt. Der Hersteller der Zeitmaschine schließt jegliche Haftung aus und entschuldigt sich für alle Unannehmlichkeiten. Wenn doch, können gestrandete Zeitreisende sich mit Hilfe des Bordbuchs eine neue Zivilisation aufbauen.

Das klingt nach viel Arbeit, aber wer genau weiß, worauf zu achten ist, kann viele Sackgassen vermeiden und Abkürzungen nehmen. Oft brauchte die Menschheit nämlich unfassbar lange, um auf naheliegende Lösungen zu stoßen.

Zum Beispiel bei der Schubkarre: „Sie hätte nach der Erfindung des Rads um 4500 v. u. Z. jederzeit erfunden werden können, das man seinerseits zu fast jedem Zeitpunkt der Menschheitsgeschichte erfinden hätte können, doch tauchte [sie] frühestens 150 u. Z. in China auf. Mit anderen Worten, Menschen brauchten Hunderttausende von Jahren, um auf die Idee eines Eimers auf einem Rad zu kommen.“

RYAN NORTH: WIE MAN UNSERE ZIVILISATION WIEDER AUFBAUT, WENN MAN SICH MIT DER ZEITMASCHINE VERFAHREN HAT, EMF, 528 Seiten, 18 Euro (E-Book: 14,99 Euro)

(Bild: Edition Michael Fischer Verlag)

In diesem flapsigen Ton führt der kanadische Autor Ryan North (der behauptet, das Buch in einer Art Zeitkapsel gefunden zu haben) durch die Menschheitsgeschichte: Von Sprache und Zahlen über Ackerbau, Viehzucht, Bergbau, Metallurgie und Medizin bis zur Musik – verbunden mit praktischen Anleitungen zum Nachbauen in der richtigen Reihenfolge sowie „Profitipps“ zum Vermeiden von Fehlern.

Der Titel erinnert an den ebenso unterhaltsamen „Reiseführer für Zeitreisende“ von Kathrin Passig und Aleks Scholz, aber der Schwerpunkt ist ein anderer: Passig und Scholz erklären Schlüsselmomente der Geschichte, North vermittelt die Grundlagen der Zivilisation. Damit ähnelt sein Werk eher dem „Handbuch für den Neustart der Welt“ von Lewis Dartnell, ist aber weitaus witziger und weniger apokalyptisch.

(bsc)