Computer als Vogelkundler

In Arkansas sind Forscher auf der Suche nach einer eigentlich als ausgestorben geltenden Vogelart. Damit die Tiere nicht entkommen, wird ein Bilderkennungssystem verwendet, das die Region Tag und Nacht ĂĽberwacht.

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Von
  • Rachel Ross
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An der University of California in Berkeley und der Texas A&M University läuft derzeit ein Experiment, bei dem ein Computersystem als Hilfsmittel für Ornithologen Verwendung findet. Das Gerät kann Vögel im Flug erkennen und ihre Bewegungen dann als hochauflösende Videoaufnahmen speichern.

Das Projekt, das von Ken Goldberg (Berkeley) und Dezhen Song (Texas A&M) geleitet wird, wurde aufgelegt, um eine seltene amerikanische Spechtart im Bild festzuhalten. Der so genannte Elfenbeinspecht galt lange Zeit als ausgestorben. 2004 wurde dann ein Vogel, der der alten Spezies sehr ähnelte, im Cache River-Naturschutzgebiet in Arkansas auf Video festgehalten. Die Aufnahmen waren allerdings so verschwommen, dass eine endgültige Identifikation unmöglich war. Biologen verbrachten daraufhin Stunden in ihren Booten, um nochmals ein Exemplar vor die Linse zu bekommen – zunächst vergeblich.

"Die Arbeit des Vogelkundlers ist hier schwer und mühsam", erklärt Goldberg, der in Berkeley als Professor für Ingenieurwissenschaften arbeitet, "selbst wenn man das Tier dann tatsächlich entdeckt hat, ist es problematisch, die Kamera schnell genug scharfzustellen". Einige Vogelkundler nutzten deshalb Bewegungssensoren, um ihre Aufnahmegeräte auszulösen. Die Ausrüstung sei aber nicht empfindlich genug gewesen, um die relativ kleinen Tiere im Bild einzufangen, so Goldberg.

Um das Problem zu lösen, tat sich der Professor mit seinem Texas A&M-Kollegen Song zusammen, der dort als Informatikprofessor arbeitet. Sie entwickelten ein spezielles System, das den Ornithologen bei ihrer Arbeit künftig helfen soll. Der Name: "Automated Collaborative Observatory for Natural Environments", kurz ACONE. Das System soll mit Hilfe eines kollaborativen Ansatzes Naturbeobachtungen vereinfachen. Das Gerät besitzt zwei Kameras, die ständig einen Bereich des Himmels in einer Breite von 90 bis 270 Metern scannen. Aufgebaut im Cache-River-Naturschutzgebiet, beobachtet es ständig den Vogelflug. Das Gebiet ist für die Technik besonders gut geeignet, weil hier viele Tiere vorbeiziehen und es keine Bäume gibt, die die Sicht versperren. Die Kameras sitzen zusammen mit einem kleinen Computer auf einem Strommast, der mitten in einem sumpfigen Flussarm steht.

Bei der Beobachtung des Himmels nehmen die Kameras jeweils elf Bilder pro Sekunde auf. Diese Bilder werden dann in einem Pufferspeicher zwischengelagert. Eine Software analysiert dann jedes Bild und sucht jene heraus, auf denen sich Objekte befinden, deren Geschwindigkeit und Größe denen des Elfenbeinspechts ähneln. Wird ein Vogel erkannt, speichert das System die sieben vorhergehenden und sieben folgenden Einzelbilder auf seiner Festplatte. Jedes Bild hat eine Auflösung von 1600 × 1200 Pixel. Um Speicherplatz zu sparen, werden nicht relevante Bilder automatisch gelöscht.

Dieser Ansatz spart Zeit. Je weniger Bilder aufgenommen werden, umso weniger Reisen mit dem Boot sind notwendig, um die Festplatte auszutauschen. AuĂźerdem muss kein Mensch mehr stundenlang in den Himmel schauen, um die gesuchten Tiere zu ermitteln.

Das ACONE-System kann außerdem starken Regen identifizieren – denn dann fliegen die meisten Vögel nicht. Ergeben sich starke Bildbewegungen, die von Regentropfen ausgelöst werden, schaltet sich der Rechner einfach für ein paar Stunden ab. "Perfekt ist das zwar noch nicht, aber wir erhalten ziemlich gute Daten", erklärt Song. Die Technik sei jedoch wesentlich komplexer, als man anfänglich angenommen habe: Fallende Blätter oder sich schnell bewegende Wolken verwirren die Software, sodass auch schon mal vogellose Bilder aufgezeichnet werden. Die Bildanalyse soll jedoch bald so optimiert werden, dass es solche Probleme nicht mehr gibt.