Cookiekalypse – die neue Jagd nach Daten

Seite 2: Apple trotzt dem Markt

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Apple hingegen hat Nägel mit Köpfen gemacht und das einträgliche Modell der personalisierten Werbung nach und nach beschnitten. Nicht nur Facebook befindet sich deshalb im Dauer-Clinch mit dem iPhone-Konzern. Selbst Peloton, der Anbieter höchstpreisiger Fitnessräder, macht den neuen Daten-Geiz von Tim Cook für Umsatzausfälle verantwortlich. Die unmittelbare Reaktion: Wo Apple die Adtech-Industrie von Third-Party-Daten abschneidet, sucht diese nach neuen Datenquellen und neuen Wegen, die Apple-Beschränkungen zu unterlaufen.

Die Verlage befinden sich unterdessen in einer Zwickmühle. Da der "Consent", also die Einwilligung zur Teilnahme am Datenhandel, nicht den Werbebörsen, sondern von Website-Betreibern übertragen wurde, stehen diese vor der Alternative: Entweder sie schaffen es, ihre Kundschaft irgendwie zu überzeugen, auf "Akzeptieren" zu klicken – oder sie sind vor der Haupt-Einnahmequelle des kostenlos konsumierbaren Internets ausgeschlossen. Zwar gibt es Bemühungen, Werbung wieder mehr an die Inhalte einer Website statt nach den Cookies auszurichten – doch die Werbetreibenden selbst investieren ihre Etats lieber dort, wo sie mit Nutzerdaten überschüttet werden. Apple bietet keinen Werbemarkt für Websites an, in dem etablierte Weltkonzerne plötzlich hochpreisige Werbebanner buchen, ohne nach Nutzerdaten zu fragen.

Apple selbst macht mit seinen neuen Werbeformen satte Gewinne. Doch das Apple-Geschäftsmodell ist noch keine Lösung für die meisten anderen Unternehmen: Für Plattformbetreiber lohnen sich selbst niedrige Werbeerlöse, da sie die Inhalte nicht selbst finanzieren müssen. Und Apple profitiert sogar explizit von schlechten Werbeerlösen: Wenn App-Anbieter ihre Ausgaben nicht mehr über personalisierte Werbung finanzieren können, dann müssen sie auf direkte Zahlungen umsteigen, von denen wiederum Apple eine satte Provision einbehält.

Statt das eigene Werbemodell so schnell wie möglich auf einen Datensparmodus umzubauen, ist die Industrie im Panik-Modus. Jeder versucht, sich so viele persönliche Daten zu sichern, wie es nur möglich ist. Die Erfahrung des letzten Jahrzehnts hat nicht nur gezeigt, dass es sich lohnt, eigene Daten-Silos aufzubauen, sondern dass Unternehmen ohne solche Daten von ihren Konkurrenten überrannt werden.

Zu der Panik trägt nun auch eine Nachricht aus Brüssel bei: Belgische Datenschützer haben das Transparency and Consent Framework – eine der zentralen Schaltstellen der Werbedaten-Industrie – für nicht rechtmäßig erklärt. Wer nun schon das Ende der "Überwachungswerbung" als gegeben annimmt, ignoriert die Geschichte. So hatte die britische Datenschutzbehörde bereits vor dem Brexit eine ähnliche Feststellung getroffen – und tat dann absolut nichts, um den als illegal erkannten Zustand zu beenden.

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Angesichts solcher Enttäuschungen werden inzwischen Gesetzgeber aktiv. Der Deutsche Bundestag erwies sich dabei als wenig hilfreich. Das neue TTDSG ist lediglich ein Platzhalter, bis die Europäische Union die lange überfällige E-Privacy-Verordnung beschließt oder in einem anderen Gesetzeswerk wie dem Digital Services Act den Werbemarkt neu aufrollt.

Zwar enthält das deutsche Gesetz den Paragraphen 26, der das Ende von Cookie-Bannern verspricht: Sie sollen weitestgehend von "anerkannten Diensten zur Einwilligungsverwaltung" ersetzt werden, die zielgenau den Willen des Nutzers umsetzen, ohne dass sich diese durch Datenschutzbestimmungen und langen Listen von Verwendungszwecken klicken müssen. Nicht mal Browser-Hersteller sollen sich dem Votum dieser neutralen Mittler widersetzen können.